Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die Insolvenzzahlen und der Sanierungsbedarf dürften in diesem Jahr deutlich anziehen. Modelle wie Asset-based Finance können ins Straucheln geratenen Firmen helfen, sich neu aufzustellen.
Die aktuelle Wirtschaftskrise – verursacht durch die Corona-Pandemie und die wiederholten Lockdowns – hätte einen starken Anstieg der Firmenpleiten mit sich bringen müssen. Stattdessen ist deren Zahl bisher jedoch massiv gesunken. Das Statistische Bundesamt meldete für 2020 einen Rückgang um 15,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Den Grund sehen die Experten in den staatlichen Rettungsmaßnahmen, wie dem vereinfachten Kurzarbeitergeld, Sofortkrediten, Zuschüssen und vor allem der vorübergehend ausgesetzten Insolvenzantragspflicht. Für überschuldete Unternehmen war die Insolvenzantragspflicht bis Ende Dezember 2020 ausgesetzt. Für solche Firmen, bei denen die Auszahlung von Staatshilfen noch aussteht, gilt die Aussetzung bis Ende April.
Von der Corona- zur Finanzierungskrise?
Doch Experten deuten die Zahlen als Ruhe vor dem Sturm. Viele Branchen stecken in existenziellen Schwierigkeiten: Automobilbau, Reise, Touristik und stationärer Einzelhandel. Die Forscher des Instituts für Wirtschaft rechnen deshalb mit einem Nachholeffekt bei den Insolvenzen. Um bis zu 36 Prozent könnten die Zahlen in diesem Jahr im Vergleich zu 2020 steigen.
Von einem ähnlichen Szenario geht auch das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus, das kürzlich 174 Finanzmarktexpertinnen und -experten zu ihren Insolvenzerwartungen befragt hat. 55 Prozent davon prognostizieren einen starken Anstieg der Unternehmenskonkurse in den nächsten sechs Monaten.
Immer wahrscheinlicher wird dabei die Verlagerung der Wirtschaftskrise in den Finanzierungssektor. 45 Prozent der vom ZEW Befragten erwarten stark steigende Kreditausfälle. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer sieht die typischen Partner mittelständischer Unternehmen, die Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, von diesen Ausfällen besonders betroffen. Die Kreditinstitute waren zuletzt noch rege mit der Auszahlung von KfW-Schnellkrediten befasst, weil hier der Staat das Risiko bis zu 100 Prozent übernommen hat. Angesichts der aktuellen Entwicklung dürften die klassischen Finanziers künftig sehr vorsichtig agieren.
Sanierung anders finanzieren
Treffen die düsteren Prognosen ein, werden sich künftig deutlich mehr Unternehmen finanziell und strukturell sanieren müssen – sei es im Rahmen einer Insolvenz oder einer vorinsolvenzlichen Restrukturierung. Letztere wird durch die Novelle des Insolvenzrechts in Zukunft eine größere Rolle spielen. Zum Jahresbeginn ist das StaRUG in Kraft getreten, ein Gesetz, das Unternehmen bei drohender Zahlungsunfähigkeit die präventive Sanierung erleichtert.
Eine zentrale Herausforderung ist in diesen Sondersituationen immer die Finanzierung. Und die könnte wegen der unter Druck stehenden klassischen Geldgeber künftig noch schwieriger werden. Vor diesem Hintergrund gewinnen alternative Finanzierungsinstrumente wie Asset-based Finance an Bedeutung. Darunter fallen Modelle wie das Sale & Lease Back oder Asset-based Credit in Form von besicherten Darlehen, wobei im Rahmen der Finanzierungsentscheidung vorrangig auf die Zweitmarktfähigkeit bzw. Handelbarkeit der sicherungsübereigneten Vermögensgegenstände eines Unternehmens abgestellt wird, dessen Bonität entsprechend in den Hintergrund tritt.
Sale & Lease Back für Produzenten
Das objektbasierte Finanzierungsmodell Sale & Lease Back (SLB) ist besonders für mittelständische Produzenten und Verarbeiter interessant, da es Liquidität durch eine reine Innenfinanzierung generiert. Dabei werden werthaltige, mobile und fungible Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrparks an einen Finanzierungspartner verkauft und vom Unternehmen sofort zurückgeleast. Es kann die Produktionsmittel dadurch ohne Unterbrechung weiternutzen. Durch SLB können stille Reserven gehoben und Liquidität freigesetzt werden, die den Unternehmen bspw. bei außergerichtlichen Restrukturierungen, bei Sanierungen im Rahmen der Insolvenz oder bei der Auftragsvorfinanzierung nach einer überstandenen Krise zur Verfügung steht. SLB-Modelle lassen sich zudem relativ schnell umsetzen: Von der ersten Anfrage bis zur Auszahlung des Kaufpreises vergehen i.d.R. nur wenige Wochen.
Umlaufvermögen als Sicherheit
Neben Sale & Lease Back lässt sich auch mit sogenannten Asset-based-Credit-Modellen Liquidität freisetzen. Dabei wird auf meist ungenutztes Potenzial zurückgegriffen: das im Unternehmen durch Anlage- und Umlaufvermögen gebundene Kapital – Maschinen, Fuhrparks, Warenlager, Handelswaren, Immobilien und selbst Sachwerte. Diese Assets können im Rahmen der Finanzierung als Kreditsicherheiten genutzt werden. Ihre Tauglichkeit und der letztliche Beleihungswert werden individuell vom Finanzier ermittelt. Asset-based Credit wird im Rahmen von Restrukturierungen und Sanierungen ebenso eingesetzt wie in Wachstumssituationen – in Produktions- sowie in Handelsunternehmen, im E-Commerce sowie im Re-Commerce.
info@maturus.com
Illustration: 123rf.com/Bakhtiar Zein