Insolvenz: Haftungsrisiken der Geschäftsführung minimieren

Beitrag von: Matthias Magnus
24. Februar 2022

Durch nachlässige Liquiditätsplanung setzen sich Geschäftsführer mancher Unternehmen unnötig dem Risiko einer persönlichen Haftung aus. Dabei ließe sich die Gefahr einer unbeabsichtigten Insolvenzverschleppung durch gutes Reporting bannen.

In Deutschland haben 2021 nach Angaben von Creditreform 14.300 Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt – trotz der Corona-Stützungsmaßnahmen und des temporären Aussetzens der Insolvenzantragspflicht. Im Rahmen der Corona-Hilfsprogramme hat die KfW rund 145.000 Kredite mit einem gesamten Volumen von 52 Mrd. EUR vergeben. Nach bis zu zwei tilgungsfreien Jahren müssen diese in den kommenden Jahren zurückgezahlt werden. Wenn sich die Unternehmen bis dahin nicht erholt haben, wird es zu einer deutlichen Zunahme an Insolvenzen kommen.

Wer zögert, riskiert viel

Nach § 15a der Insolvenzordnung (InsO) müssen die Vertreter von Kapitalgesellschaften bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag stellen. Bei einer Pflichtverletzung im Sinne der Insolvenzverschleppung haften Geschäftsführer bzw. Vorstände persönlich mit ihrem privaten Vermögen für Zahlungen, die nach Eintritt des Insolvenzgrundes geleistet wurden. Zudem drohen Geld- und Freiheitsstrafen. Nach Feststellung der Insolvenzreife durch den Insolvenzverwalter trägt der Geschäftsführer die Beweislast.

Im Durchschnitt der zurückliegenden fünf Jahre wurden jährlich rund 10.000 Insolvenzdelikte juristisch verfolgt. Im Schnitt ist dies jeder zweite Insolvenzantrag. Hierzu mag auch beitragen, dass die Vergütungsstruktur von Insolvenzverwaltern einen durchaus starken Anreiz bietet, Geschäftsführer aufgrund von Insolvenzverschleppung in die Haftung zu nehmen. Von den ersten 700.000 EUR an Insolvenzmasse erhält der Verwalter rund acht Prozent.

Liquiditätsplanung schützt vor Überraschungen

Die wesentlichen Ursachen für Insolvenzsituationen sind regelmäßig Finanzierungslücken und ein mangelhaftes Unternehmenscontrolling. Gemäß § 18 InsO ist für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen. Hierzu eignet sich eine entsprechende Liquiditätsplanung, die neben einer GuV- und Bilanzplanung ein Standard-KPI für die Geschäftsführung sein sollte. In schwierigen Unternehmensphasen hat sich in der Praxis zudem das Instrument einer 13-wöchigen Liquiditätsplanung zur kurzfristigen Steuerung und für das Monitoring der Liquidität bewährt. Ein solches Controlling-Tool wird insbesondere auch von den Sanierungsabteilungen der Banken regelmäßig eingefordert.

In unserer Beratungspraxis zeigt sich, dass viele Unternehmen – insbesondere im KMU-Segment, aber auch größere mittelständische Unternehmen – weder über eine mehrjährige integrierte GuV-, Bilanz- und daraus indirekt abgeleitete Liquiditätsplanung noch über eine ausreichend aussagekräftige direkte Liquiditätsplanung verfügen. Damit setzen sich Geschäftsführer unnötigerweise insolvenzhaftungsrechtlichen Risiken, insbesondere in schwierigeren Unternehmensphasen, aus.

Die Erstellung einer Liquiditätsplanung sowie entsprechender Sensitivitätsrechnungen ist mit überschaubarem Aufwand für jedes Unternehmen realisierbar und sollte zu den Standard-KPIs eines Unternehmensreportings gehören. Reichen die Ressourcen eines Unternehmens hierzu nicht aus, kann externe Unterstützung helfen. Als Ausgangspunkt einer Planung eignen sich hierzu die jüngsten Jahresabschlüsse, Monatsreportings bzw. Betriebswirtschaftlichen Auswertungen mit Summen und Saldenlisten.

Gründliches Reporting bringt Sicherheit

Für die Erstellung einer Liquiditätsplanung sind für die wesentlichen Ertrags- und Liquiditätstreiber plausible Planungsannahmen zu treffen. Die Parameter und Treiber werden so genau wie möglich erfasst und geplant. Bei der Beurteilung der Zahlungsfähigkeit und etwaiger Liquiditätslücken zu einem bestimmten Zeitpunkt sind zudem die zukünftigen Zahlungszuflüsse und fällig werdende Verbindlichkeiten innerhalb der nächsten drei Wochen, die sogenannten Aktiva II und Passiva II, zu berücksichtigen. Dies ist insofern für die Geschäftsführung von besonderer Bedeutung, da ein zu früh gestellter Insolvenzantrag ebenfalls zu persönlichen haftungsrechtlichen Risiken führen kann.

Wird eine aussagekräftige Liquiditätsplanung als Standard-KPI im Unternehmensreporting eingeführt und etabliert, erhöht sich die Transparenz zur Liquidität und Zahlungsfähigkeit. Zudem optimiert dies die Steuerungs- und Handlungsmöglichkeiten der Geschäftsführung, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen, z.B. durch eine finanzielle Restrukturierung der Passivseite. Für die Geschäftsführung ist dies zugleich ein wichtiger Beitrag, um im Fall einer Insolvenz die persönliche insolvenzrechtliche Haftung zu vermeiden.

Illustration: 123rf.com/hvostik

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