„Die Hausbankbeziehung erlebt eine Renaissance“

Beitrag von: Ulrike Lüdke
29. August 2019

Die Auswirkungen der Handelskonflikte und der schwachen Weltkonjunktur machen sich längst auch bei den deutschen Industrieunternehmen bemerkbar. Höchste Zeit, die Finanzierung krisenfest zu machen, findet Thomas Haag, Leiter Firmenkunden bei der BayernLB für die Region Baden-Württemberg.

Herr Haag, die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen sind nach wie vor historisch günstig. Gleichzeitig verschlechtern sich aber die Konjunkturaussichten in Deutschland. Wie können sich mittelständische Unternehmer jetzt wappnen, falls die Wirtschaft ins Stocken gerät, und welche Bedeutung kommt der Bankenfinanzierung dabei zu?

Thomas Haag: Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen empfiehlt es sich, die derzeit günstigen Bedingungen zu nutzen, um einen Puffer für mögliche Akquisitionen oder Unerwartetes anzulegen. Gleichzeitig sollten Unternehmer ihre Finanzierungsstruktur genau prüfen. Sind die Kreditlaufzeiten ausreichend diversifiziert? Sind die Fälligkeiten und die Covenants in den Kreditverträgen so geregelt, dass das Unternehmen bei einer Abschwächung der Konjunktur nicht noch eine große Refinanzierung verkraften muss? Nur wenn das Management im Vorfeld eine saubere Planung durchgeführt und – idealerweise im Dialog mit der Partnerbank oder den Partnerbanken – verschiedene Szenarien durchgerechnet hat, weiß es, was die Finanzierungstruktur des Unternehmens im Notfall aushalten kann.

Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinspolitik überbieten sich die Kreditgeber gegenseitig mit günstigen Konditionen zur Kreditfinanzierung für Firmenkunden. Bereitet Ihnen dieser Trend Sorge?

TH: Natürlich sehen wir diese Entwicklung aus Bankensicht nicht gern. Aber sie birgt auch Gefahren für die Kreditnehmer, die derzeit von den günstigen Finanzierungskonditionen profitieren. Denn der niedrigste Preis hilft nichts, wenn die Covenants eng geschnürt sind und die Finanzierungpartner in einer Krise nicht zu ihrem Kreditnehmer stehen. Besondere Beachtung sollten Unternehmer daher auch der Auswahl ihrer Finanzierungspartner schenken. Werden noch alle Kreditgeber mit am Tisch sitzen, wenn es einmal eng wird?

Das Bild von der Hausbank, die mit dem Unternehmen gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten geht, hat nach der Finanzkrise Risse bekommen. Wie steht es um das Verhältnis zwischen Hausbank und Unternehmen heute?

TH: Die Hausbankbeziehung erlebt derzeit eine Renaissance. Nach der Finanzkrise haben viele Unternehmer ihre Finanzierungsstruktur diversifiziert, um bankenunabhängiger zu werden. Inzwischen haben sie aber festgestellt, dass dieser Prozess sehr aufwendig ist und nicht alle Finanzierungspartner ein dauerhaftes Interesse an einer Zusammenarbeit haben. Die Unternehmer suchen wieder verstärkt den Kontakt zu Kreditinstituten, die sie schon lange kennen und die sie als stabil und zuverlässig wahrnehmen. Sie wissen heute ganz genau, wen sie bei einer Finanzierung mit dabeihaben wollen und wen nicht.

Durch die zunehmende Regulatorik und den starken Wettbewerb ist der Atem, den die Banken bei Krisenunternehmen haben, deutlich kürzer geworden. Wenn es schwierig wird, geben die Banken relativ schnell an ihre Restrukturierungsabteilungen ab. Die Firmenkundenbetreuer bleiben dann außen vor. In einer solchen Situation hilft auch die langjährige Kundenbeziehung nicht.

TH: Solange das Unternehmen nicht insolvent ist, sitzen bei uns die Firmenkundenbetreuer mit am Tisch. Das sind erfahrene Berater, die an unseren regionalen Standorten nahe an den Unternehmen dran sind und das Geschäftsmodell und die Werttreiber des Unternehmens kennen. Zudem werden sie von Spezialisten aus unserem Haus unterstützt, die die Expertise für die jeweilige Branche mitbringen. Wenn es schwierig wird, bin ich auch selbst bei den Gesprächen mit dem Management dabei. Gemeinsam versuchen wir dann, eine Lösung zu finden.

Welche Rolle übernehmen die Unternehmervertrauten in der Banken-Kunden-Beziehung?

TH: Die Unternehmervertrauten übernehmen eine wichtige moderierende Funktion zwischen der Bank und dem Unternehmen. Es ist gut, in einem ungezwungenen Austausch unter den engsten Vertrauten des Unternehmens auch komplexe Fragestellungen diskutieren zu können. So entsteht ein Beziehungsgeflecht, in dem auch die Expertise der einzelnen Akteure sichtbar wird. In guten und gerade in anspruchsvolleren Zeiten erleichtert das die Zusammenarbeit, weil man sich schon gut kennt.

Foto: BayernLB

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