Ein Jahr Pandemie – eine Bilanz

Beitrag von: Horst Fürpaß, Marcel Herter
22. Februar 2021

Während die Corona-Krise noch andauert, stehen die Gewinner und Verlierer längst fest. Der Finanzierungsmarkt hat sich auf die neuen Gegebenheiten inzwischen eingestellt.

Wir stehen kurz vor dem Jahrestag des ersten Lockdowns in Deutschland und sind immer noch mitten in der Covid-19-Pandemie. Wo sich am Anfang na­hezu Panik breitmachte, in Supermärk­ten gehamstert wurde und eine große Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Zukunft herrschte, hat sich die Mehr­heit mittlerweile an die neue Situation angepasst und lebt mit der Pandemie. Dies gilt auch für viele Unternehmen und die Finanzierungsmärkte.

Rückblick

Im März/April 2020 wurde nahezu je­des Unternehmen von seinen Banken aufgefordert, eine neue Planung unter Berücksichtigung von Covid-19 vor­zulegen. Dies war für viele eine inte­ressante Aufgabe. Selten basierte die Unternehmensplanung auf solch un­sicheren Rahmenbedingungen. Was macht der Mensch in so einem Fall? Er geht auf Nummer sicher. Die Folge wa­ren schlechte Planungen. Wir haben in der Tat nicht einen Fall gesehen, der sei­ne Planungen nicht übertroffen hat. Es wurde auch anderweitig Vorsorge ge­troffen, insbesondere über Darlehen der KfW, die die Banken unter Verweis auf drohende Verwerfungen in den Fi­nanzierungsmärkten ihren Kunden wärmstens empfahlen. Doch bislang haben viele Kreditnehmer die zugesag­ten Darlehen mangels Bedarf und nicht zuletzt wegen der damit einhergehen­den Restriktionen gar nicht abgerufen.

Profiteure, Wackelkandidaten und Problemfälle

Mittlerweile hat der Finanzierungsmarkt gelernt, drei Gruppen von Unternehmen zu unterscheiden:

A) Unternehmen, die von der Krise gar nicht betroffen sind oder sogar davon profitieren: Online-Händler sowie Hersteller von Software, Küchen, Fahrrädern und bestimmten medizinischen Produkten sind nur einige davon. Hier funktioniert der Finanzierungsmarkt wie zuvor, sowohl die Preise als auch die Kreditkennzahlen und -bedingungen unterscheiden sich kaum vom Vorkrisenniveau. Dies gilt mit leichten Einschränkungen auch für den M&A-Markt, hier erleben wir gerade eine Vielzahl neu an den Markt kommender Transaktionen.

B) Unternehmen, die temporär betroffen sind, deren Geschäftsmodell aber nicht grundsätzlich infrage gestellt wird: Beispiele dafür sind z.B. Maschinenbauer für die Lebensmittelindustrie oder Unternehmen der Windindustrie, deren Lieferketten und Abnahmen zwar unterbrochen wurden – mit entsprechenden Dellen in der GuV –, deren Absatzmarkt aber unverändert gut ist. Oder z.B. Serviceunternehmen, die wegen der Kontaktbeschränkungen Umsatzeinbußen hatten oder noch haben. Hier konnten die KfW-Mittel oder ähnliche Instrumente helfen. Die Banken verhalten sich zum Großteil abwartend, solange ein Unternehmen über ausreichend Liquidität verfügt. Covenants wurden – sofern nötig – ausgesetzt und die Betreuung durch die Bank verblieb auf der Marktseite. Dies ist das Feld, in dem die Banken derzeit das meiste Geld verdienen können. Sie freuen sich schon auf die vielen Refinanzierungsmandate, die nach besserer Visibilität auf die Planung anstehen werden. Unternehmen in dieser Kategorie tun gut daran, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen und sich auch unabhängig beraten zu lassen, da wegen der schlechteren Bilanzen 2020 und ggf. auch 2021 neue Finanziers nicht Schlange stehen werden, was den Altbanken eine sehr große Verhandlungsmacht verschafft. Wenn man hier keine greifbaren anderen Optionen hat (auch wenn man die nicht unbedingt zieht), kann dies sehr teuer werden und in sehr engen Kreditkorsetts enden.

C) Die Verlierer der Krise sind oft Unternehmen aus Bereichen, die vorher schon angeschlagen waren, z.B. stationäre Modehändler oder Automobilzulieferer im Antriebsstrang. Beide haben seit Jahren mit dem Niedergang zu kämpfen. Finanziers sind hier schon lange sehr zurückhaltend oder zugeknöpft. Auch in diesen Fällen hat der Staat zwar noch oft geholfen. Doch hier werden sicherlich die meisten Ausfälle zu verzeichnen sein. Ohne die wiederholte Aussetzung der Insolvenzpflicht wären hier schon viele Pleiten vermeldet worden; Insolvenzen wie Hallhuber, Klier, Bonita und Adler sind erst der Anfang.

Unterstützung suchen

Unternehmen aus den Verlierer-Branchen, insbesondere wenn sie noch nicht direkt am Abgrund stehen, brauchen auf der einen Seite strategische Beratung und auf der anderen Seite erfahrene Kreditverhandler mit den Banken. Auch wenn es Ausnahmen geben wird, darf man grundsätzlich davon ausgehen, dass alle Gläubiger ihr Geld am liebsten zurückhätten und die Unternehmen nur aufgrund fehlender Alternativen weiter begleiten. In diesem Konfliktfeld ist es wichtig, andere Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten und – falls diese nicht greifbar sind – einen gut geführten Prozess mit den bestehenden Gläubigern zu organisieren und dabei deren Bedürfnisse zu berücksichtigen. Ansonsten droht ein frühzeitiger Kontrollverlust.

Illustration: 123rf.com/Jozef Miäic

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