Factoring in der Akquisitionsfinanzierung

Beitrag von: Christian Stoffel
9. Oktober 2018

Factoring hat sich als Finanzierungsform in Unternehmen längst etabliert. Was viele Mandanten (und auch ihre Berater) nicht wissen: Auch im Bereich der Akquisitionsfinanzierung birgt Factoring großes Potential. Allerdings sollten die Vertragsklauseln genau beachtet werden, denn angelsächsisches Recht steht manchmal im Konflikt zum deutschen.

Factoring ist der laufende Ankauf von Forderungen mit Finanzierungsfunktion. Dabei wird das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Forderungsschuldners (des Debitors) beim sogenannten echten Factoring vom Factor übernommen. So ist Factoring auch für schwächere Bonitäten geeignet, da weniger auf die Kapitaldienstfähigkeit des Forderungsverkäufers (des Kreditnehmers), sondern vielmehr auf die Zahlungsfähigkeit seiner Debitoren abgestellt wird. Und: Factoring lässt sich auch bei Akquisitionen von Unternehmen zur laufenden Finanzierung des Targets nutzen.

Um Factoring richtig einzusetzen, ist allerdings die adäquate Einbindung des Factors in den Akquisitionsprozess und die Aufnahme bestimmter Regelungen in die Vertragsdokumentation der Akquisitionsfinanzierung wesentlich. Jene Dokumentation basiert typischerweise auf den Mustern der Loan Market Association (LMA). Zentraler Bestandteil von LMA-Kreditverträgen sind Zusicherungen (Representations and Warranties) und Verpflichtungen (Covenants) des Kreditnehmers. In der angelsächsisch geprägten Vertragstechnik ist dabei grundsätzlich alles verboten, was nicht ausnahmsweise erlaubt ist.

Die Aufnahme von weiteren Verbindlichkeiten (Financial Indebtedness) neben der LMA-Kreditfazilität ist meist in zweifacher Hinsicht beschränkt: Zum einen verpflichtet sich der Kreditnehmer, die Financial Covenants einzuhalten. Zum anderen ist das Eingehen von Verbindlichkeiten nur gestattet, wenn sie in der Definition der erlaubten Finanzverbindlichkeiten (Permitted Financial Indebtedness) ausdrücklich aufgeführt sind. Obwohl echtes Factoring nach deutschem Recht ein Kaufgeschäft und kein Darlehensgeschäft ist, gilt es in LMA-Kreditverträgen üblicherweise als Financial Indebtedness – und muss im Rahmen der Permitted Financial Indebtedness erlaubt werden.

Permitted Financial Indebtedness reicht nicht aus

Nach der Vertragstechnik des LMA-Kreditvertrages reicht es allerdings nicht aus, dass Factoring allein unter dem Aspekt der Permitted Financial Indebtedness erlaubt ist. Deshalb muss der laufende Verkauf von Forderungen an einen Factor, d.h. die laufende Veräußerung von Vermögenswerten (hier: den Forderungen) explizit auch als Permitted Disposal genannt sein.

Die Erlaubnis, Gegenstände des Umlaufvermögens im Rahmen eines Permitted Disposal zu verkaufen, geht häufig mit einem sogenannten Mandatory Prepayment – der Verpflichtung, Erlöse aus dem Verkauf zur Tilgung des LMA-Kredits zu verwendeneinher. Die Erlöse aus dem Factoring müssen hiervon ausgenommen werden, da nach deutschem Recht solche Erlöse vorrangig zur Befriedigung von Vorbehaltslieferanten zu verwenden sind. Aus dem gleichen Grund können die Auszahlungsansprüche des Forderungsverkäufers gegen seinen Factor den Finanzparteien auch nicht sonst als Sicherheit dienen.

Alle Sicherheiten, die an Gegenständen des Umlaufvermögens bestellt werden, müssen als erlaubte Sicherheiten (Permitted Security) ausdrücklich gestattet sein. Das heißt: Wird Factoring als Permitted Financial Indebtedness beziehungsweise Permitted Disposal gestattet, müssen auch alle im Zusammenhang mit dem Factoring bestellten Sicherheiten als Permitted Security definiert werden.

LMA-Kredite im Sub-Investment-Grade-Bereich werden umfangreich besichert. Die Sicherheiten werden durch einen Sicherheitentreuhänder (Security Agent) treuhänderisch, beziehungsweise bei akzessorischen Sicherheiten als Vertreter der übrigen Konsortialbanken, gehalten und verwaltet.

Factor frühzeitig einbinden

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Versicherungen des Zielunternehmens werden regelmäßig im Rahmen einer Globalzession an den Security Agent abgetreten. Sollen diese Gesellschaften ins Factoring eingebunden werden, müssen diese Forderungen dinglich freigegeben und an den jeweiligen Sicherungsgeber zurückabgetreten werden.

Wird Factoring nach sämtlichen relevanten Bestimmungen des Kreditvertrages ausdrücklich und eindeutig erlaubt, ist der Security Agent regelmäßig ermächtigt, die Forderungen im Wege einer Rückabtretungs- und Freigabevereinbarung an den Sicherungsgeber zurück zu übertragen. Sofern Unklarheiten bestehen oder erforderliche Ausnahmen übersehen wurden, muss man die Zustimmung der Banken zum Factoring in einem gesonderten Waiver-Prozess herbeiführen.

Erfahrungsgemäß ist es am sinnvollsten, den Factor bereits frühzeitig und auch während der Verhandlungen des Kreditvertrages und der Sicherheitendokumente miteinzubeziehen. Auf diese Weise kann man kosten- und zeitintensiven Überraschungen vorbeugen, die Erwartungen der Konsortialbanken und deren Gremien angemessen managen und oftmals die Transaktionssicherheit entscheidend erhöhen.

Fotoquelle: 123rf.com/29mokara

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