Finanzierung für die besonderen Fälle

Beitrag von: Vikas Nanda
1. November 2018

Schwierige Historie, komplexe Struktur, fordernde Finanzierung? Banken winken in solchen Fällen häufig ab. Private Debt hingegen kann eine Lösung sein, wie das folgende Fallbeispiel einer Direct-Lending-Finanzierung zeigt.

Vorbemerkung

Aus Vertraulichkeitsgründen werden in diesem Artikel die Namen der betroffenen Firmen und handelnden Personen nicht genannt. Ansonsten reflektiert die Transaktion in vielen Aspekten Herausforderungen, denen wir in zahlreichen unserer inzwischen über 100 Private-Debt-Finanzierungen begegnet sind.

Die Aufgabe

Ausgangssituation ist eine mittelständische deutschsprachige Firmengruppe im Bereich der Verpackungsindustrie, die Anfang dieses Jahrzehnts im Rahmen eines Corporate Carve-Outs aus einem internationalen Chemiekonzern in einer Transaktion im unteren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich entstanden ist.

Der ausländische Käufer, ein Familienunternehmer, wollte die ursprünglich durch seine Hausbanken in Fremdwährung bereitgestellte Akquisitionsfinanzierung 2014 durch eine lokale, Euro-denominierte Finanzierung ablösen, um neben dem Fremdwährungsrisiko auch die Finanzierungskosten zu senken. Dafür sollten 72 Prozent der Finanzierung verwendet werden. Zudem sollten kapazitätserweiternde Investitionen an drei der fünf Produktionsstandorte sowie eine Werkschließung finanziert werden (25 Prozent der Gelder). Die restlichen 3 Prozent der Finanzierung waren für Transaktionskosten vorgesehen.

Wesentliche Herausforderungen

Worin lagen die wesentlichen Herausforderungen für den potenziellen Kreditgeber, die auch ausschlaggebend dafür waren, dass sich viele deutsche und europäische Banken den Fall nicht ernsthaft anschauen wollten:

  • Ausländischer Mehrheitsgesellschafter, der sich zudem noch in einem Restrukturierungsprozess mit seinen Kreditgebern befand.
  • Es lagen keine testierten Jahresabschlüsse der Carved-Out-Gesellschaften für die vergangenen drei Geschäftsjahre vor.
  • Der frei verfügbare Cashflow der zu finanzierenden Gesellschaft war durch die anstehenden Kapazitätserweiterungsinvestitionen kurzfristig negativ.
  • Das Management Team hatte in dieser Konstellation noch nicht zusammengearbeitet
  • Wesentlicher Rohstoff im Herstellungsverfahren sind Erdöl-Derivate von Lieferanten mit erheblicher Marktmacht, was volatile Materialkosten und Rohertragsmargen bedeutet.
  • Hohe operative Komplexität, getrieben durch fünf Produktionsstandorte in vier Ländern auf drei Kontinenten sowie einem heterogenen Produktportfolio mit divergierenden Endmärkten und Produktmargen.
  • Vergleichsweise hoher Verschuldungsgrad von 4.5x EBITDA bzw. 7.5x EBITDA-Instandhaltungsinvestitionen, der sich durch die geplanten Investitionen kurzfristig auf 5.5x / 9.4x EBITDA-Instandhaltungsinvestitionen (75-85% Beleihungswert, „Loan to Value“) erhöhen sollte.

Unser Lösungsansatz

Nach einer intensiven Diligence-Phase von sechs Wochen setzten wir mit unseren Transaktionspartnern eine „Ringfence”-Struktur um, welche die zu finanzierenden Gruppengesellschaften rechtlich von den Gesellschaften der Eigentümergruppe abschirmt. Zudem definierten wir ein detailliertes Milestone-Paket („Conditions Subsequent”), das die Einhaltung der Maßnahmen zur Werkschließung und Kapazitätserweiterung in einem zeitlichen und quantitativen Rahmen abbildete. Als stimmrechtloses Mitglied des Beirats („Board Observer”) waren wir während der gesamten Projektumsetzungsphase sehr eng an den Entscheidungen dran und konnten damit unsere spezifischen Erfahrungen einbringen und die Einhaltung der gemeinsam beschlossenen Milestones sicherstellen. Zudem setzten wir mit dem CFO der Gesellschaft ein sehr zielgerichtetes Berichtswesen auf, das operative, finanzwirtschaftliche und Nachhaltigkeits-Elemente umfasst und einen vorausschauenden Blick auf die Liquiditätssituation der Gesellschaft ermöglicht. Bei der Strukturierung der Finanzierung mit erst- und zweitrang besicherten Darlehen legten wir Wert auf eine liquiditätsschonende Ausgestaltung der Konditionen, ohne planmäßige Amortisationen und teilweise kapitalisierende Verzinsung.

Eckpunkte einer typischen Private-Debt-Finanzierung

Status Quo

Durch die Kapazitätserweiterungen hat die Firmengruppe ihren konsolidierten Jahresumsatz seit Closing der Finanzierung um 17 Prozent steigern können. Durch Fokussierung auf höhermargige Produkte und Effizienz in der Produktion, inklusive Werkschließung, gelang es trotz 15-20 Prozent höherer Rohstoffpreise, das EBITDA um 40 Prozent zu erhöhen und den Net Leverage des „Ringfenced” Konzerns sukzessive zu reduzieren.

Die Darlehen werden in der zweiten Jahreshälfte 2019 endfällig, und die Gruppe bereitet aktuell die Refinanzierung der Darlehen vor. Wir gehen derzeit davon aus, dass dabei die Finanzierungskosten deutlich gesenkt werden können.

Schlussfolgerungen

In Situationen, in denen nicht ausschließlich die Minimierung der Finanzierungskosten im Fokus steht, und die (einige) der nachstehenden Merkmale aufweisen, können flexible Finanzierungslösungen durch Kreditfonds eine echte Alternative zur klassischen Bankfinanzierung für mittelständisch geprägte Unternehmen sein.

  • Hohe Komplexität und/oder hoher Zeitdruck
  • Keine auditierten historischen Jahresabschlüsse
  • Zeitweise negativer freier Cashflow
  • Operative Restrukturierung und/oder schwierige Historie
  • Eigentümergesellschaft und/oder wesentliche Assets außerhalb der Euro-Zone
  • Akquisition von Assets aus der Insolvenz
  • Teilausschüttung an die Gesellschafter
  • Hohe Flexibilitätsanforderungen an die Finanzierung (Buy-and Build, Portfoliorestrukturierung, etc.)

Fotoquelle: 123rf.com/Alexander Dubovitskiy

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