Für viele Unternehmen wird es eng

Beitrag von: Bastian Frien
23. März 2020

In dieser Krise werden die Banken mehr Kredite als früher verkaufen. Das kann zu einer Veränderung der Finanzierungslandschaft führen – und der Mangel an Sanierungsexperten wächst sich zu einem großen Problem aus.

Die Krise ist da, und sie zeigt sich bereits mit zunehmender Wucht in den Portfolien der Banken. Gehen sie mit den Unternehmen als Finanzierungspartner auch durch die Krise? Falls nicht, wer dann? Und wie wird sich die Finanzierungslandschaft dadurch verändern? Diese Fragen hat der FINANCE Think Tank Corporate Banking & Finance gemeinsam mit Taylor Wessing, Struktur Management Partner und einer Reihe exzellenter Vordenker analysiert.

Die Banken werden mehr faule Kredite verkaufen

Die guten Nachrichten zuerst: Viele Unternehmen sind finanziell deutlich besser aufgestellt als in der Finanzkrise von 2008/2009. Und die Banken haben – vor allem aus regulatorischen Gründen – ordentlich am risikogewichteten Eigenkapital geschraubt. Hinter diesen beiden Befunden lauern allerdings Gefahren: Die Passivseite vieler größerer Mittelständler ist komplex geworden, was Restrukturierungen schwieriger macht. Und die Banken haben zwar im Moment Eigenkapital und Liquidität, verdienen aber in Deutschland praktisch kein Geld, während sie gleichzeitig ihre Geschäftsmodelle umbauen und viel Geld in IT und Regulatorik stecken müssen.

Deshalb werden viele Banken, die eigentlich bestrebt sind, ihren Kunden in der Krise die Treue zu halten, das nicht können. Das hat vor allem zwei Gründe: Die Sanierungsexperten in den Finanzinstituten sind knapp geworden – seit der letzten Krise sind viele erfahrene Kräfte in den Ruhestand gegangen. Nachwuchs ist rar und lässt sich auch nicht in zwölf Monaten anlernen. Außerdem zwingen die neuen Bilanzierungsregeln die Banken zu einer zügigen Abschreibung Not leidender Kredite. Die Folge werden erheblich mehr Verkäufe fauler Engagements als in früheren Abschwüngen sein.

Verändert die Krise die Finanzierungslandschaft?

Immerhin steht im Unterschied zur Finanzkrise diesmal ein breites Spektrum an Finanzierungsalternativen auch für wackelnde Unternehmen bereit. Klassiker wie Leasing und Factoring haben breite Akzeptanz gefunden und sich in Nischen ausdifferenziert. Der Kapitalmarkt dagegen steht für Unternehmen in echten Krisen praktisch nicht zur Verfügung. Unternehmen, die Kapitalmarktinstrumente bereits im Einsatz haben, werden diese lediglich im Abschwung als Segen empfinden. In einer echten finanziellen Restrukturierung sind sie eher ein Fluch.

Ein Hoffnungsträger als Ersatz von Bankfinanzierungen sind Debt-Fonds, die zahlreich auf dem deutschen Markt erschienen sind. Allerdings können nur wenige in Restrukturierungsfälle investieren und sie erwarten sehr hohe Renditen. Wie sie sich tatsächlich verhalten werden, wenn es nicht um günstige Neu-Investments geht, sondern bestehende Portfoliounternehmen in Not geraten, lässt sich mangels Fallzahlen noch nicht einschätzen.

In Summe können alle alternativen Finanziers die Banken in ihrer Bedeutung für die Krisenfinanzierung nicht ersetzen. Trotzdem könnte die aktuelle Krise die Finanzierungslandschaft nachhaltig verändern, wenn Debt-Fonds in großem Umfang Bankkredite übernehmen, alternative Finanziers ihren Marktanteil ausbauen und die Unternehmen im nächsten Aufschwung verstärkt den Kapitalmarkt nutzen. Eine These des White Papers scheint allerdings bereits obsolet, dass nämlich die Förderbanken nicht die Rolle als „Lender of Last Resort“ übernehmen. Die aktuelle Krise ist so massiv, dass der Staat über seine Finanzvehikel Liquidität zur Verfügung stellen muss, um Masseninsolvenzen zu verhindern.

Zeit und Expertenmangel als kritische Faktoren

Eine weitere Bedrohung, die ihre Schatten vorauswirft, ist der absehbare Mangel an Zeit – in einer Krise neben Geld das knappste Gut. Inzwischen wimmelt es am deutschen Finanzierungsmarkt von Covenant-Lite-Strukturen. Diese verwehren den Banken die Möglichkeit, rechtzeitig einzugreifen. Andererseits ist diese Krise so massiv, dass es oft nicht um Ertrag, sondern um Liquidität geht – und da führt kein Weg an (Förder-)Banken vorbei. Allerdings sind die Prozesse oft zu komplex: Die Verständigung auf einen Sanierungspfad kostet bei mehr Beteiligten und höheren Anforderungen an die Gutachten auch immer mehr Zeit, bevor die Sanierung operativ überhaupt beginnen kann. Helfen könnte eine umfassende Standardisierung des Restrukturierungsprozesses. Doch dafür gibt es aktuell wenig Hoffnung. Damit kommt es mehr denn je darauf an, dass alle Beteiligten professionell arbeiten. Doch auch hierfür sind die Voraussetzungen nicht gut: Nicht nur in den Banken fehlen die Experten. Dasselbe gilt für CROs, Restrukturierungs- und Finanzierungsberater sowie spezialisierte Anwälte – für eine breite Krise gibt es von allen zu wenige und das macht die Vorhandenen zu teuer für Unternehmen, die nicht mindestens einen mittleren dreistelligen Millionenumsatz aufweisen. Für den deutschen Mittelstand ist die aktuelle Krise eine riesige Herausforderung.

Illustration: 123rf.com/ideagu

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