Objektbasierte Finanzierung für den Weg aus der Krise

Beitrag von: Carl-Jan von der Goltz
15. November 2019

Mittelständler können sich in einer Sanierungs- oder Restrukturierungsphase oft nicht auf eine Begleitung durch die Bank verlassen. Objektbasierte Modelle wie Sale & Lease Back bieten Alternativen.

Kreditverhandlungen mit Banken werden für Unternehmen, die über keine Topbonität verfügen, in Zukunft wohl noch schwieriger werden. Diese Auffassung vieler Experten wird durch die aktuelle Studie „FCF Zins- und Kreditmonitor“ von FCF Fox Corporate Finance und Barkow Consulting gestützt. Nach Ansicht der Studienautoren legt ein neues Rekordtief bei den Zinsen den Schluss nahe, dass kaum noch Luft nach unten bleibt. Entscheider sollten deshalb nicht auf weitere Zinssenkungen spekulieren. Vor allem Unternehmen mit schwächerer Bonität oder stark konjunkturabhängige Betriebe stünden künftig unter Zugzwang. Sie müssten sich auf eine erschwerte Beschaffung von Kapital einstellen und ihre Finanzierung zeitnah sichern – gerade vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Wirtschaftsabschwungs.

Suche nach Alternativen

Doch Unternehmen sind nicht zwangsläufig auf die Gesprächsbereitschaft oder den Handlungsspielraum der Banken angewiesen. In den vergangenen Jahren hat sich eine ganze Reihe von Finanzierungsalternativen etabliert. Dazu zählen auch objektbasierte Modelle wie Sale & Lease Back (SLB). Dies ist ein Ansatz, der sich besonders für produzierende Mittelständler eignet. Weshalb? Weil diese Unternehmen meist über einen umfangreichen gebrauchten Maschinen- und Anlagenpark verfügen oder einen großen Fuhrpark haben. Sobald diese Vermögensgegenstände weitestgehend abbezahlt sind und im Eigentum des Unternehmens stehen, spricht man hier von stillen Reserven. In der Regel ist es nicht ohne Weiteres möglich, diese Reserven zu heben, um daraus frische Liquidität zu generieren. Und genau hier greift der objektbasierte Finanzierungsansatz SLB: Im Rahmen einer reinen Innenfinanzierung verkauft der Produktionsbetrieb seine Maschinen und Anlagen an einen Finanzier und least sie direkt im Anschluss wieder zurück. Dadurch verlässt kein Objekt die Halle bzw. den Firmenparkplatz und es kann ohne Unterbrechung weiterproduziert werden.

Die Finanzierung über SLB lässt sich meist in wenigen Wochen umsetzen, was das Modell zusätzlich zu seiner Bonitätsunabhängigkeit für Sondersituationen attraktiv macht. Denn in der Krise ist die Zeit meist knapp – es braucht schnelle Entscheidungen und eine flexible Finanzierung. Hinzu kommt: Der dem Unternehmen ausgezahlte Betrag steht ohne Einschränkungen oder gesonderte Bedingungen zur Verfügung. Die hinzugewonnene Liquidität kann so in Restrukturierungen, Sanierungen, strategischen Neuausrichtungen, Transformationsprozessen und anderen Sondersituationen für wichtige Impulse sorgen oder diese überhaupt erst ermöglichen.

Bankenunabhängig, aber nicht bedingungslos

Bei objektbasierten Ansätzen wie SLB gibt es eigene − und vor allem andere − Anforderungen als bei der klassischen Kreditanfrage: Damit die Finanzierung zustande kommt, müssen die besicherten Objekte werthaltig, mobil und fungibel sein. Letzteres bedeutet: Es sollte sich um Maschinen gängigen Typs handeln, nicht um Prototypen oder Spezialanfertigungen. Auch stellt SLB auf ganze Maschinenparks ab und nicht auf Einzelobjekte. Sind diese Bedingungen erfüllt, ergibt sich eine finanzielle Option für viele Branchen: Metall- und Kunststoffverarbeitung, Automotive, Nahrungsmittelindustrie, Textilproduktion, Verpackungsindustrie, Bau- und Forstwirtschaft sowie Landwirtschaft und Logistik.

Sale & Lease Back in der Praxis: EMDE Spezialmaschinenbau

EMDE ist ein Mittelständler, der sich nach einer Krisensituation auch dank SLB erfolgreich neu aufgestellt hat. Der Maschinen- und Anlagenbauer wurde vor fast 40 Jahren in Nassau gegründet und produziert Spezialanlagen, Maschinenbauteile und Werkzeuge. Der Familienbetrieb wuchs u.a. durch Unternehmenszukäufe auf knapp 600 Mitarbeiter und fünf Geschäftsbereiche an fünf unterschiedlichen Standorten. Alle Bereiche wurden dabei stets zentral von Nassau aus gemanagt. Dieser Umstand und spätere Probleme bei der Einführung einer betriebswirtschaftlichen Software waren entscheidende Krisenfaktoren. Gegen Ende 2017 entschloss sich die Inhaberfamilie, den Betrieb zu restrukturieren.

Im EMDE-Erneuerungsprozess entschieden sich die Beteiligten, die Geschäftsbereiche Investoren einzeln anzubieten. Damit standen bald Übernehmer bereit, doch waren längst nicht alle Risiken gebannt. Denn Lösungen in Krisensituationen müssen schnell über die Bühne gehen, da jederzeit wichtige Führungskräfte abspringen oder Stammkunden sich zurückziehen können oder die Bank Kredite kürzen kann. Kurzum: Die Lage des Unternehmens hätte sich jederzeit zuspitzen können. SLB kam ins Spiel, weil EMDE über große Maschinen- und Anlagenparks verfügte. Letztlich half das Modell einem Investor, den Kaufpreis zu finanzieren und zwei Standorte zu übernehmen.

Illustration: 123rf.com/Anton Deviatnikov

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