Online-Plattformen Kredit von den Fintechs

Beitrag von: Markus Paffenholz
23. Juli 2018

Für lokale Banken zu groß (oder zu aufwendig), für überregionale Banken zu klein: Bieten Online-Plattformen wie Creditshelf oder Firstwire eine Alternative für Mittelstands­kredite bis 5 Millionen Euro? Was man über die neuen Anbieter wissen sollte und wie man mit ihnen zum erfolgreichen Kreditabschluss kommt.

Oft wurde in der Vergangenheit über die Gefahren einer Kreditklemme für den deutschen Mittelstand geschrieben. Eingetreten ist sie bislang – auch statistisch – nicht. Der deutsche Bankenmarkt ist intakt und kann die Unternehmen mit ausreichend Krediten versorgen.

Dennoch scheint es noch Raum für Nischenanbieter zu geben, es lohnt ein Blick hinter die Kulissen. Unternehmen mit guter Bonität (Investmentgrade-Rating) oder hohem Kreditbedarf ab rund 10 Millionen Euro stellen die umkämpfte Zielgruppe der Geschäfts- und Großbanken sowie der meisten Debt Fonds dar. Aber was ist mit Unternehmen, die durch dieses Raster fallen? Unternehmen im sogenannten Sub-Investmentgrade-Bereich und speziell solchen mit einem Kreditbedarf zwischen 500.000 und 3 Millionen Euro.

In der letzten Zeit berichten Mandanten immer wieder, dass sie Schwierigkeiten haben, Kredite in der skizzierten Größenordnung zu erhalten. Interessanterweise auch von regionalen Sparkassen oder Volksbanken. Bei verschiedenen von uns begleiteten Transaktionen haben Banken entweder frühzeitig mangels zu geringem Kreditvolumen abgesagt oder so lange für den Prüfungs- und Entscheidungsprozess benötigt, als handele es sich um einen zweistelligen Millionen-Deal.

Offensichtlich gibt es hier einen Bedarf und eine echte Marktnische, die im Zeitalter der Digitalisierung mehr und mehr vor allem von FinTechs gefüllt wird. Transaktionsgrößen im einstelligen Millionenbereich sind für die digitalen Kreditmärkte wie Creditshelf, Firstwire, RiverBank & Co. durchaus typisch. Wir erwarten, dass in den nächsten Monaten der Markteintritt weiterer Player bevorsteht. CredX beispielsweise konzentriert sich derzeit noch auf größere Transaktionen, wird sich unserer Einschätzung nach bei erfolgreichem Ausbau der Investorenbasis aber ebenfalls sukzessive für kleinere Kreditbedarfe öffnen. Lendix, bislang vor allem in Frankreich aktiv, könnte auch nach Deutschland schielen. Auf der anderen Seite werden auch einzelne Anbieter wieder vom Markt verschwinden.

Auch Banken mischen mit

Bei Banken ist denn auch die Tendenz zu beobachten, eigene digitale Plattformen aufzulegen oder Kooperationen mit FinTechs einzugehen. Beispielsweise können über die Plattform Synd-X der HSBC Schuldscheindarlehen eingeworben werden, die Helaba und die BayernLB arbeiten mit dem FinTech Value Concepts zusammen, die LBBW setzt in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Börse Stuttgart auf die neuen Möglichkeiten der Blockchain-Technologie, und die ING Bank hat Lendico übernommen.

Welches sind nun aber die wichtigsten Punkte für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit einem FinTech? Zunächst einmal raten wir Unternehmen, sich auf einen Kreditantrag genauso vorzubereiten wie bei einer traditionellen Bank. Grundsätzlich werden in der Kreditanalyse ähnliche Kriterien geprüft, tendenziell mit größerem Fokus auf den Cashflow und zukunftsorientiert. Die Zusammenarbeit mit einem Berater kann ebenfalls sinnvoll sein, wenn er bereits über Erfahrungen oder einen bei einzelnen Plattformen zwingend notwendigen Zugang als Deal Advisor verfügt. Ebenfalls sollte das Unternehmen nicht zu preissensitiv sein. In der Regel sind die FinTechs teurer als Banken, decken aber im Moment auch noch eine andere Risikoklasse ab und verzichten meist auf die Stellung von Sicherheiten. Auch sollte vorweg genau geklärt werden, mit wem am Ende eines erfolgreichen Prüfungsprozesses ein Kreditvertrag abgeschlossen wird, wer fungiert also als tatsächlicher Kreditgeber, welche Rechte hat er zur Weiterveräußerung und wie sieht es mit den Kündigungsgründen aus.

Für wen lohnt es sich?

Die erste Hürde der Vorprüfung dauert meist nur wenige Tage. Nach positiver Vorprüfung startet der eigentliche Analyseprozess, der 3 bis 6 Wochen dauern kann. Nicht selten kommt es dann zu einem persönlichen/telefonischen Kontakt, um (letzte) Fragen zu klären. Bei Creditshelf ist der persönliche Kontakt sogar ein „must have“. Insofern verschwimmen die Grenzen zwischen traditioneller Bank und reinem FinTech häufig ein wenig.

Wann ergibt nun ein Antrag bei einem FinTech Sinn? Folgende Merkmale stellen wir immer wieder fest:
(1) Kreditbedarf speziell zwischen 1 und 3 Millionen Euro,
(2) Ergänzung zu bestehenden Kreditbeziehungen,
(3) keine Beschränkung in der Kreditaufnahme durch bestehende Verträge,
(4) eher Cashflow-basierte Betrachtung,
(5) Schwierigkeiten, Kreditbedarf bei anderen Banken oder Hausbanken decken zu können. Günstiger sind FinTechs häufig nicht, da eine übliche Quer-Subventionierung über Cross-Selling Produkte hier nicht stattfinden kann. Eine andere Unsicherheit besteht noch: wie wird eigentlich bei Leistungsstörungen reagiert – die Mechanismen bei traditionellen Banken sind bekannt und grundsätzlich einschätzbar, bei den FinTechs wird hier jedoch Neuland betreten.

Die Entwicklung wird nach unserer Einschätzung rasant weitergehen. Mit der notwendigen Sorgfalt werden wir das Angebot der Plattform-Lösungen als einen möglichen Baustein in unserer Beratungspraxis integrieren, ohne aber andere Varianten wie Factoring, Leasing oder eben doch die klassische Banklösung außen vor zu lassen.

Bildnachweis: 123rf.com, Kirill Ryzhov

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