Schuldscheindarlehen für den Mittelstand

Beitrag von: Andreas Knoch
13. Januar 2020

Schuldscheindarlehen sind nach wie vor als Finanzierungsinstrument beliebt. Ob sich daran angesichts der Konjunkturflaute etwas ändern könnte und welche Rolle digitale Plattformen spielen, erklären Michael Sager und Andreas Petrie von der Helaba.

Herr Sager, Herr Petrie, der Schuldscheinmarkt bleibt auf Rekordkurs. Warum ist das Finanzierungsinstrument so beliebt?

Michael Sager: Viele Unternehmen können sich mit dem Schuldschein ein zweites Finanzierungsstandbein aufbauen, um gerade in Wachstumsphasen mit den neuen Geldgebern die Kreditlinien der Hausbanken freizuhalten. In rezessiven Konjunkturphasen geben Schuldscheindarlehen durch die im Vergleich zu Bankfinanzierungen längeren Laufzeiten Finanzierungssicherheit. Zudem ist eine Schuldscheintransaktion, gerade für größere Emittenten, eine ideale Vorbereitung für komplexere Transaktionen wie einen syndizierten Kredit oder die Emission einer Anleihe.

Stichwort Unternehmensanleihen: Bei Corporate Bonds erstklassiger Adressen akzeptieren Investoren inzwischen negative Renditen. Gilt das auch bei Schuldscheinen?

Andreas Petrie: Bei Schuldscheintransaktionen wird eine Zinsuntergrenze von null eingezogen. Dieser Floor gilt sowohl für variabel als auch für festverzinste Tranchen. Es geht also nicht tiefer, als es die Kreditmarge zulässt. Der Schuldschein ist ein Darlehensprodukt, auch wenn die Bepreisung ähnlich wie an den Bondmärkten erfolgt.

Registrieren Sie Anzeichen einer Überhitzung? Drängen verstärkt schlechtere Bonitäten an den Markt?

AP: Nein, das stellen wir nicht fest. Die Bonität der Emittenten ist per se nicht schlechter als in der Vergangenheit. Schätzungsweise 95 Prozent der Transaktionen liegen derzeit im Investmentgrade-Bereich.

Prüfen Sie Schuldscheintransaktionen angesichts der konjunkturellen Lage zurzeit kritischer?

MS: Wir arbeiten grundsätzlich risikobewusst und wenden unsere Methodik stringent an, egal ob die Sonne scheint oder der Himmel wolkenverhangen ist. Außerdem gehen wir bei vielen Emissionen selbst ins Risiko. Die Höhe unseres Investments ist unter anderem vom Wunsch des Kunden abhängig. Grundsätzlich sind wir aber kreditseitig bei jedem Emittenten engagiert. Wir wären auch schlecht beraten, unkalkulierbare Risiken in die eigenen Bücher zu nehmen oder diese unseren Investoren anzubieten, die ja zu 30 bis 40 Prozent Sparkassen sind.

Wie sieht es bei Emittenten aus Problembranchen wie beispielsweise dem Automotive-Sektor aus?

MS: Die Schuldscheintransaktionen, die wir in den Markt gebracht haben, sind bis dato alle geglückt – selbst im Automotive-Sektor, in dem sich das konjunkturelle Umfeld zurzeit punktuell spürbar eintrübt. Wie gesagt, wir agieren stets risikobewusst, insbesondere auch im Sinne unserer Emittenten und Investoren, und wir achten darauf, dass die Bonität der Emittenten im Investmentgrade-Bereich liegt. Man muss aber auch sehen, aus welchen Gründen die Emittenten an den Markt kommen. Viele Transaktionen der vergangenen Monate waren entweder akquisitionsgetrieben oder vorgezogene Refinanzierungen, weil die Finanzierungsbedingungen zurzeit günstig sind.

In den vergangenen Jahren waren wegen des Niedrigzinsumfelds lange Laufzeiten bei den Investoren gefragt. Gilt das im aktuellen Wirtschaftsabschwung auch noch?

AP: Topbonitäten platzieren auch im aktuellen Konjunkturumfeld problemlos fünf- bis siebenjährige Tranchen. Bei mittleren Bonitäten geht es eher in Richtung drei und fünf Jahre. Wir beobachten aber, dass Investoren stärker differenzieren. Emittenten, die größere Volumina aufnehmen wollen, müssen entweder Zugeständnisse bei der Laufzeit machen oder mehrere Tranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten begeben. Grundsätzlich ist der Trend der vergangenen Jahre hin zu längeren Laufzeiten aber intakt.

Viele Schuldscheintransaktionen laufen inzwischen auch über digitale Plattformen. Was sind die Vorteile für Emittenten, Investoren und Arrangeure?

AP: Es gibt den beteiligten Parteien die Möglichkeit, kleine Volumina kosteneffizient zu platzieren. Die Helaba nutzt VC Trade und leitet inzwischen alle Deals über diese Plattform – von der Kleinstemission bis hin zu Jumbo-Transaktionen wie jüngst dem Rekordschuldschein des Automobilzulieferers ZF mit einem Volumen von über zwei Milliarden Euro, den die Helaba mit weiteren Arrangeuren geführt hat. Der Vorteil ist die offene Architektur, die viel Umsatz anzieht. Inzwischen sind acht arrangierende Banken und mehr als 400 Investoren angebunden. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für Emittenten, einen Schuldschein erfolgreich zu platzieren.

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