Szenario-Analysen in der Finanzplanung

Beitrag von: Daniel Bartsch
20. Februar 2019

Die Auswertung von jederzeit aktuellen Daten sowie das Berechnen unterschiedlicher Liquiditätsszenarien in Echtzeit unterstützen die Finanzfunktion eines Unternehmens. Das macht Entscheidungen deutlich schneller – und verlangt auch von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, digital auf der Höhe der Zeit zu sein.

Der Einsatz von Daten als Grundlage für Finanzplanung und Unternehmenssteuerung ist nichts Neues. Doch damit sind in vielen Fällen lediglich kaufmännische Daten gemeint, etwa zu Liquidität, Umsatzentwicklung oder Kundenbewegungen. Doch das Industrial IoT und die Industrie 4.0, aber auch externe Daten aus Social Media geben den Unternehmen neue Möglichkeiten an die Hand. Das Stichwort an dieser Stelle lautet „Big Data“, denn diese Form der Daten zeichnet sich durch ihre Masse und ihre Heterogenität aus.

Big Data hilft bei der Liquiditätsplanung

In den vergangenen Jahren hat die Erfassung von Echtzeitdaten auch in den mittelständischen Unternehmen Einzug gehalten. Dies zeigt die Studie „Industrieller Mittelstand und Finanzierung 4.0“, für die Creditshelf, ein Spezialist für digitale Mittelstandsfinanzierung, zusammen mit der TU Darmstadt fast 250 Vorstände und Geschäftsführer befragt hat. So geben 89 Prozent der befragten Unternehmen an, Daten aus Sensoren in Anlagen, Maschinen und Geräten zu nutzen. Zum Vergleich: In der Untersuchung ein Jahr zuvor gaben dies erst 77 Prozent der Unternehmen an. Aktuell nutzen immerhin schon 44 Prozent der Unternehmen die Daten regelmäßig im Rahmen von Service- und Wartungsverträgen.

Dahinter stecken Geschäftsmodelle mit digitalisierten Services, bei denen beispielsweise die Wartung nicht mehr regelmäßig, sondern nur noch bei Bedarf umgesetzt wird. Doch den Geschäftsführungen wird immer klarer, dass Big Data auch in anderen Bereichen nutzenstiftend eingesetzt werden kann: 92 Prozent (2017: 85 Prozent) der Unternehmen haben erkannt, dass die Informationen Kreditgebern bei der Bewertung der Bonität helfen können – etwa durch Angaben zur Performance der finanzierten Anlage oder Maschine.

Die Unternehmen erwarten sich dadurch flexiblere Laufzeiten oder Kreditsummen, schnellere Entscheidungen oder niedrigere Zinsen, da die Banken schneller als durch eine herkömmliche kaufmännische Auswertung erkennen, dass sich die Investition lohnt. Ein Drittel der befragten Unternehmen mit Erfahrungen in der Echtzeitauswertung geht sogar davon aus, wegen der Übergabe der Daten an ein Kreditinstitut auf dingliche Sicherheiten verzichten zu können.

Doch für den Einsatz von Big Data in Finanzplanung und Buchhaltung braucht es spezialisierte Analyse-Tools. Die Creditshelf-Studie verdeutlicht, dass Big Data zwar bisher nur von einem eher kleinen Teil des industriellen Mittelstands bereits für die Liquiditätsplanung genutzt wird, der Großteil der Unternehmen diese Möglichkeit aber nicht nur im Blick hat, sondern sehr konkret daran arbeitet. 26 Prozent der Befragten nutzen bereits ein Tool, das die eigene Liquiditätsplanung mit Zahlungsströmen anderer Firmen vergleicht.

Bis zum endgültigen Durchbruch stehen aber für viele Unternehmen noch Investitionen an. So sind lediglich 34 Prozent der befragten Mittelständler davon überzeugt, dass sich ihre Buchhaltungssoftware „auf dem modernsten Stand“ befindet. Der Trend zur Industrie 4.0 verlangt dem Mittelstand also nicht nur Investitionen in neue Produktionstechnologie ab, sondern auch in neue Software zur Steuerung der Unternehmen oder zur Unterstützung bei Finanzierungsentscheidungen.

Forecasting und Planung profitieren von Echtzeitdaten

Wichtige Anwendungsfelder von Big Data sind die Kostenanalyse und -optimierung sowie eine Effizienzsteigerung bei der Planung, Budgetierung und beim Forecasting. Der Einsatz von Big-Data-Funktionen für diese Felder verschafft den Unternehmen drei wichtige Vorteile:

Erstens kann das Management für die Analyse der bisherigen finanziellen Entwicklung systematisch externe Daten erschließen, die bisher nicht zur Verfügung standen. So erlauben beispielsweise Daten aus sozialen Netzwerken eine leichtere Analyse von Markttrends und Entwicklungen bei den Wettbewerbern. Zudem können weitere Informationen wie Wetter oder Wirtschaftsdaten integriert werden, sodass die Aussagekraft der Berichte steigt.

Zweitens können bereits vorhandene Planungsmodelle durch Echtzeitdaten erweitert werden. So ist es möglich, die Entwicklung der Liquidität oder anderer wichtiger Kennzahlen über Analysefunktionen so darzustellen, dass ein Manager immer einen gerade aktualisierten Blick auf die Zahlen hat. Dies verringert die Gefahr, dass das Forecasting auf veralteten Informationen basiert.

Drittens nutzen einige neuere Finanzanwendungen moderne Technologien wie beispielsweise In-Memory-Datenbanken, mit denen große Datenmengen in hoher Geschwindigkeit analysiert werden. Dies macht es möglich, Modelle in kürzester Zeit neu durchzurechnen. Dadurch erhält das Management eine vielschichtige Szenario-Analyse für die finanzielle Entwicklung und kann die Auswirkung der Entscheidungen besser abschätzen.

Für diese Planungsmodelle sind möglichst vieldimensionale und granulare Daten notwendig. Diese sind in vielen Unternehmen bereits vorhanden, werden aber häufig nicht zusammengeführt und für eine Analyse nutzbar gemacht. „Viele Unternehmen überblicken nicht ausreichend, wie schnell sich die digitale Welt verändert und schieben wichtige Innovationen erst viel zu spät an,“ erklärt Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt, der die Studie wissenschaftlich begleitet hat.

Bildnachweis: 123rf.com/Sergey Nivens

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