„Vertrauensstellung behalten“

Beitrag von: Boris Karkowski
22. März 2018

Hannover-Finanz-Vorstandssprecher Goetz Hertz-Eichenrode im Gespräch über Unternehmer-Emotionen, steigende Preise und flexible Nachfolgelösungen.

Herr Hertz-Eichenrode, Sie sind von Haus aus Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, sind jetzt aber Geschäftsführer einer Beteiligungsgesellschaft. Wie hilft Ihnen Ihr WP-/StB-Wissen heute?

Goetz Hertz-Eichenrode: Ich wusste schon früh, dass ich im Bereich Private Equity arbeiten möchte. Doch die Ausbildung zum Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vermittelt das notwendige Handwerkszeug, um ein gutes und umfangreiches Verständnis für das Zahlenwerk eines Unternehmens zu haben. Das hilft mir heute bei der Analyse und Due Diligence von Unternehmen ebenso wie bei Vertragsverhandlungen – da kann ich steuerrechtliche Aspekte gleich berücksichtigen. Oder über das passende Berechnungsverfahren für den Unternehmenswert diskutieren.

Welches Verhältnis haben Sie zu den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern
eines Unternehmens, an dem Sie sich beteiligen wollen?

GHE: Bei Verhandlungen über eine Beteiligung an einem Familienunternehmen kommt es eher früher als später zum Austausch mit dem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer des Unternehmens. Wenn man diesen Vertrauten nicht schon vorher kennengelernt hat, so sitzt er häufig beim Erstgespräch mit am Tisch, spätestens in der zweiten oder dritten Runde. Manchmal gibt es seitens der Berater die Sorge, dass sie nach unserem Einstieg ihren Mandanten verlieren. Doch das ist nur selten unser Interesse. Im Gegenteil: Wir wissen um die Vertrauensstellung des Beraters und die soll er behalten. Schon bei Verhandlungen zeigt sich häufig, welchen positiven Einfluss jemand hat, der das Vertrauen des Eigentümers genießt, aber nicht so emotional involviert ist. Auch später kann diese Rolle sehr wertvoll sein.

Wann wird es denn beim Unternehmer typischerweise emotional?

GHE: Viele Unternehmer haben die Sorge, dass der neue Gesellschafter zu viel reinredet, dass Entscheidungen dadurch langwierig werden – kurz: dass die unternehmerische Freiheit eingeschränkt wird. Wir wollen aber gar nicht ins Tagesgeschäft reinreden und haben ein großes Interesse daran, dass der Unternehmer eine tragende Rolle in seinem Unternehmen behält. Wir nehmen
allerdings über einen Beirat – in dem übrigens auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte sein können – Einfluss auf strategische Weichenstellungen. Das ist aber eigentlich eine Bereicherung, da der Unternehmer solche Themen nicht allein entscheiden muss, sondern möglicherweise andere Perspektiven bekommt.

Welche Anforderungen stellen Sie an einen Unternehmervertrauten, wenn Sie sich an einem Unternehmen beteiligt haben?

GHE: Dass er auch unser Vertrauter wird, nicht nur der des Unternehmers. Das heißt, dass zum Beispiel steuerlich relevante Empfehlungen und Entscheidungen auch mit uns besprochen werden. In der Regel spielt sich das aber recht schnell ein, da machen wir unsere Erwartung auch deutlich. Außerdem kann der Steuerberater auch von unserem umfassenden Know-how in dem Bereich profitieren.

Seit Ihr Vater vor 25 Jahren selbst mit der Hannover Finanz einen Management-Buy-out gemacht hat, hat sich der Markt für Private Equity deutlich verändert. Neue Spieler wie beispielsweise Family-Offices von ehemaligen Unternehmern mischen vermehrt mit. Vor allem: Die Preise sind deutlich gestiegen. Gewinnt den Deal nur, wer den höchsten Preis zahlt?

GHE: Die Unternehmensbewertung ist schon eines der wichtigsten Entscheidungskriterien. Man muss eine marktkonforme Bewertung bieten, wenn man zum Zuge kommen will. Allerdings empfehlen wir auch zu schauen, welchen Partner man sich da holt: Wie erfahren, wie berechenbar, wie kompetent ist er? Und auch: Wie flexibel ist er? Wir sind sehr kreativ, beispielsweise bei der Gestaltung der Beteiligung. Das kann eine vollständige Übernahme aller Familienanteile sein; das kann aber auch eine Struktur wie der „Owners-Buy-Out“ sein, bei dem der Unternehmer weitreichende Mitspracherecht bis hin zum Veto hat. Da wir bei der Hannover Finanz selbst eine Art Familiennachfolge hatten, können wir die unterschiedlichen Interessenlagen – und auch emotionalen Aspekte – ziemlich gut nachvollziehen, ohne jedoch selbst Unternehmer bei der Beteiligung sein zu wollen. Da ticken wir anders als manches Family-Office eines Ex-Unternehmers; ich habe da manchmal den Eindruck, der Unternehmer sucht sich so ein neues Unternehmen, das er wieder führen kann.

GOETZ HERTZ-EICHENRODE

führt seit dem 1. November 2017 als Sprecher des Vorstands die 1979 gegründete Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz gemeinsam mit Co-Vorstand Jürgen von Wendorff. Sein Vater Albrecht Hertz-Eichenrode erwarb vor genau 25 Jahren im Rahmen eines Management-Buy-Outs 10 Prozent an dem damals noch zum HDI gehörenden Finanzinvestor und baute den Anteil auf 22 Prozent aus. Gemeinsam mit dem Management hält die Familie heute insgesamt 27,8 Prozent der Anteile – ebenso wie die Hannover Rück. Vor neun Jahren ist der Senior in den Beirat gewechselt und hat die Geschäfte an Andreas Schober übergeben, der jetzt den Stab an Hertz-Eichenrode junior weiterreichte. Das Geld der Hannover Finanz kommt aus Evergreen-Fonds – langfristige Partnerschaften mit mittelständischen Unternehmen sind daher Teil der Firmenphilosophie.

Bildnachweis: Daniel Pilar

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