„Wir sind es gewohnt, in schwierigen Situationen zu finanzieren“

Beitrag von: Andreas Knoch
27. Januar 2023

Das Finanzierungsumfeld für Unternehmen wird rauer. Vor allem für schwächere Bonitäten existiert bei steigendem Kapitalbedarf eine zunehmend größere Angebotslücke. Diese können Debt-Fonds schließen, sagt Moritz Frerker von Patrimonium.

Herr Frerker, das Umfeld ist außergewöhnlich: Zinserhöhungen, Inflation, Energiekosten, Krieg – vielen Unternehmen macht das zu schaffen. Wie stellt sich die Situation aus Sicht von Patrimonium dar?

Moritz Frerker: Wir registrieren eine deutlich steigende Zahl von Unternehmen, die Kapital suchen. Das bezieht sich vor allem auf Unternehmen mit energieintensiven Geschäftsmodellen sowie Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie. Auch in der Automobilbranche stellen wir aufgrund der zu bewältigenden Transformation einen hohen Kapitalbedarf fest. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Fälle zu, in denen sich Unternehmen bereits in einer fortgeschrittenen Krise befinden und somit keinen Zugang mehr zu einer traditionellen Bankfinanzierungen haben.

Trifft das auch auf Ihre Portfoliounternehmen zu?

MF: Wir finanzieren aus unseren Debt-Fonds branchenagnostisch und unser aktuelles Portfolio ist breit diversifiziert. Portfoliounternehmen, die besonders von steigenden Material- oder Energiepreisen betroffen sind, verfügen meist über eine hohe Preissetzungsmacht. Bisher hat sich unser Portfolio als robust erwiesen.

Welche Kreditnehmer finanziert Patrimonium?

MF: Wir finanzieren Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 50 und 500 Mio. EUR, schwerpunktmäßig in der DACH-Region sowie den Beneluxländern, wobei Deutschland unser Kernmarkt ist. Pro Transaktion reichen wir derzeit zwischen 10 und 75 Mio. EUR Fremdkapital aus – sowohl für klassische Akquisitions- und Wachstumsfinanzierungen als auch für Refinanzierungen und Finanzierungen in Krisensituationen. Dabei finanzieren wir sowohl Unternehmen mit Private-Equity-Hintergrund als auch Familienunternehmen.

Wie passt sich Patrimonium an die veränderten Rahmenbedingungen an?

MF: Es ist für Unternehmen insgesamt schwieriger geworden zu planen. Das gilt u.a. in Bezug auf Materialpreise und -verfügbarkeit, Energieversorgung und -preise sowie Lieferketten. Dazu kommt die Erwartung eines Konjunkturabschwungs. Für uns heißt das u.a., dass wir Unternehmensplanungen und insbesondere Wachstumspläne noch genauer hinterfragen und höhere Schwankungsbreiten einkalkulieren.

Gibt es Branchen oder Geschäftsmodelle, die Sie aktuell nicht finanzieren?

MF: Grundsätzlich schauen wir uns Unternehmen in allen Branchen an. Bei der Selektion legen wir u.a. einen Fokus auf ESG-Faktoren, wodurch gewisse Geschäftsmodelle ausgeschlossen werden. Im aktuellen Umfeld stehen wir vor der Herausforderung, dass es eine ganze Reihe externer Faktoren gibt, die eine Unternehmensplanung derzeit sehr viel schwieriger machen, wie bspw. die Energiekosten. Insgesamt stellen wir fest, dass das Umfeld fragiler geworden ist und die Anzahl der Risikofaktoren gestiegen ist. Wir versuchen das zu berücksichtigen, indem wir uns auf die Finanzierung von Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen und einer marktführenden Stellung konzentrieren.

Resultiert das auch in schärferen Kreditstandards?

MF: Wir betreiben unser Geschäft mit derselben Disziplin wie vor der Krise. Wir haben uns in den vergangenen Jahren aber auch nicht zu Exzessen hinreißen lassen und bspw. keine Covenantlite-Verträge akzeptiert. Neben unserem Direct-Lending-Geschäft finanzieren wir mit einem Debt-Fonds für Sondersituationen seit mehr als zehn Jahren Unternehmen in Sonder- und Krisensituationen. Wir sind es daher gewohnt, in schwierigen Situationen zu finanzieren. Diese Erfahrung kommt uns in Marktphasen wie diesen zugute.

Wie bepreist Patrimonium Risiken im aktuell hochriskanten Umfeld?

MF: Im Unterschied zu Banken erfolgt unsere Bepreisung nicht ratingbasiert. Wir haben die Möglichkeit, ratingunabhängig und basierend auf der individuellen Transaktionsstruktur zu bepreisen. Eine schwache Profitabilität oder negative Cashflows können u.a. durch werthaltige Sicherheiten kompensiert werden. In der Summe zählt das Gesamtpaket aus Geschäftsmodell, Verschuldungskapazität und Sicherheiten, aber auch die Situation, in der die Gesellschaft sich befindet.

Die Zinswende der Europäischen Zentralbank dürfte die Sorgenfalten bei Kreditnehmern vergrößern …

MF: Die Kapitalkosten für Unternehmen haben sich allein durch das gestiegene Marktzinsniveau erhöht. Zudem haben sich die Credit Spreads für schwache Bonitäten erhöht. Parallel zu den höheren Kapitalkosten ist das Kreditangebot zurückgegangen. Für viele Unternehmen ist es somit schwieriger geworden, Fremdkapital aufzunehmen, und der Preis für Finanzierungen ist auch gestiegen.

Aus dem Markt hört man, dass viele Debt-Fonds ihr Geschäft in Deutschland zuletzt zurückgefahren haben. Stimmt das?

MF: Für Patrimonium kann ich sagen: Das Gegenteil ist der Fall. Wir sind mit drei verschiedenen Private-Debt-Fonds im Markt aktiv und decken – von der Senior-Finanzierung bis zur Krisenfinanzierung – damit ein breites Spektrum ab. Wenn sich die gesamtwirtschaftliche Lage abschwächt, ist das für unser Geschäft eher zuträglich. Das liegt u.a daran, dass Banken in Phasen konjunktureller Abkühlung im Kreditgeschäft tendenziell zurückhaltender agieren. Diese Angebotslücke können Debt-Fonds schließen. Wir verzeichnen eine steigende Nachfrage nach Finanzierungen und erwarten, dass die Aussichten für alternative Finanziers weiterhin attraktiv bleiben.

Foto: Patrimonium

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