Das neue StaRUG: Instrument zur finanziellen Restrukturierung

Beitrag von: Jan-Erik Gürtner, Pascal Trilling
28. Januar 2021

Die Hoffnungen vieler „Corona-geschädigter“ KMU richten sich auf das Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung von Unternehmen. Beim StaRUG steht jedoch vor allem die finanzwirtschaftliche Sanierung im Fokus. Zudem dürften der Aufwand und die Komplexität des neuen Gesetzes auf so manchen Mittelständler abschreckend wirken.

Das zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) schließt die bislang bestehende Lücke zwischen der außergerichtlichen und konsensualen Sanierung und einem gerichtlichen Insolvenzverfahren. Sanierungsmaßnahmen können nun auch außerhalb einer Insolvenz und gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgeführt werden. Um das Verfahren einzuleiten, bedarf es lediglich einer Anzeige durch den Schuldner beim zuständigen Restrukturierungsgericht. Für Unternehmen, denen voraussichtlich in den kommenden 24 Monaten die Zahlungsunfähigkeit droht, soll der Anreiz erhöht werden, frühzeitig geeignete Maßnahmen zur Überwindung der Krise einzuleiten.

Die wichtigsten Inhalte

Der präventive Restrukturierungsrahmen ist modular aufgebaut, sodass verschiedene Instrumente zur Sanierung in Anspruch genommen werden können. Im Fokus steht ausschließlich die finanzwirtschaftliche Sanierung, d.h. eine Restrukturierung der bilanziellen Passivseite.

Das wichtigste Element des Verfahrens ist der Restrukturierungsplan, eine Art Gesamtvergleich mit den Gläubigern des Schuldners, über den die betroffenen Gläubiger in Gruppen abstimmen können. Er gilt als angenommen, wenn in jeder Gläubigergruppe auf die dem Plan zustimmenden Gruppenmitglieder mindestens 75 Prozent der Stimmrechte (nach Wert der Forderungen) entfallen. Wird die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, können die Gläubiger, ähnlich wie in einem Insolvenzplanverfahren, überstimmt werden – allerdings nur dann, wenn die Gruppenmitglieder voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als ohne Plan. In diesem Fall muss der Restrukturierungsplan eine Vergleichsrechnung beinhalten, die die Auswirkungen des Plans auf die Befriedigungsaussichten der Beteiligten aufzeigt. Für Eingriffe in die Sicherungsrechte bestimmter Gläubiger muss eine Entschädigung ausgewiesen werden.

Der Schuldner agiert während des Verfahrens in Eigenverwaltung, behält also die Verfügungsmacht über sein Unternehmen und steuert die Restrukturierung eigenverantwortlich. Er kann jedoch in gewissen Fällen von einem sogenannten Restrukturierungsbeauftragten überwacht werden, der seinerseits unter Aufsicht des Restrukturierungsgerichts steht. Werden die Forderungen aller Gläubiger durch einen Restrukturierungsplan gestaltet, muss es einen Gläubigerbeirat geben. Dieser Beirat wird vom Gericht gestellt.

Die Vor- und Nachteile des Verfahrens

Der ursprüngliche Gesetzentwurf beinhaltete noch die Möglichkeit, per Gericht nachteilige Verträge mit Geschäftspartnern zugunsten des Schuldners zu beenden. Der Bundesrat hat jedoch aufgrund von Bedenken gegen den Grundsatz der Vertragstreue hiervon vollständig Abstand genommen. Auch arbeitsrechtliche Regelungen sind, wie schon bisher, nicht Gegenstand einer Sanierung nach dem StaRUG.

Daher eignet sich das Verfahren nur für Unternehmen, die frühzeitig eine rein finanzielle Restrukturierung durchführen wollen und/oder bei denen sich einzelne Finanziers gegen eine konsensuale Restrukturierung aussprechen. Auch für die Neustrukturierung von Darlehensverbindlichkeiten und Schuldscheinen, bei größeren Haftungsfällen oder Kapitalmaßnahmen im Rahmen von Gesellschafterdissens kommt das StaRUG in Betracht.

Eine rein operative Sanierung ist hingegen mit dem StaRUG nicht möglich. Durch den Wegfall der Möglichkeit, sich einseitig von nachteiligen Verträgen lösen zu können, ist das StaRUG für Unternehmen mit z.B. verlustreichen Filialen oder Projekten keine Option.

Zudem stellt eine Sanierung nach dem StaRUG beachtliche Anforderungen an die Geschäftsleitung und die Organisation des zu sanierenden Unternehmens. Ohne eine professionelle betriebswirtschaftliche und rechtliche Begleitung ist eine solche Sanierung nur schwer realisierbar. Betroffen hiervon dürften insbesondere KMU sein, für die dieses Gesetz eigentlich ein besonderer Anreiz sein sollte. Der Aufwand, eine ggf. fehlende adäquate rollierende Unternehmensplanung über 24 Monate, anhand derer eine drohende Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig identifiziert werden kann, sowie die Komplexitäts- und Verfahrenskosten, könnten abschreckend wirken bzw. den Eintritt in ein solches Verfahren verhindern.

Regelungslücke geschlossen

Die Ergänzung der deutschen Insolvenz- und Restrukturierungsmöglichkeiten durch den präventiven Restrukturierungsrahmen ist trotz der fehlenden operativen Werkzeuge grundsätzlich zu begrüßen. Der Gesetzgeber hat eine Regelungslücke zwischen der außer- und der gerichtlichen Sanierung geschlossen und den Werkzeugkasten zur erfolgreichen Restrukturierung von Unternehmen erweitert. Für Unternehmen, denen in den kommenden 24 Monaten eine Zahlungsunfähigkeit droht und die sich frühzeitig außergerichtlich passivseitig sanieren wollen, ist das StaRUG ein geeignetes Instrument. Zudem können nun Gläubiger, die eine konsensuale Sanierungslösung bislang abgelehnt haben, gezwungen werden, dem Restrukturierungsplan zuzustimmen. Die Komplexität der Restrukturierung allerdings wird sich weiter erhöhen und die Wahl des richtigen und abgewogenen Vorgehens für den Erfolg noch entscheidender sein.

Unternehmen, die jedoch nicht ausschließlich finanzwirtschaftlich, sondern auch operativ sanieren wollen oder müssen, können dies wie bisher nur mittels außergerichtlicher Sanierung, Schutzschirmverfahren oder in einem Insolvenzverfahren (in Eigenverwaltung) umsetzen.

Illustration: 123rf.com/troyzen

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