Die Eigenverwaltung gewinnt in der Restrukturierungspraxis immer mehr an Bedeutung. Für eine erfolgreiche Restrukturierung muss der Schuldner einige wesentliche Punkte beherzigen.
Die Tendenz in der deutschen Restrukturierungswelt geht eindeutig weg von der rein gerichtlichen Insolvenzverwaltung hin zu einem mehr schuldnerorientierten Restrukturierungsverfahren. Die Insolvenz in Eigenverwaltung muss aber gut vorbereitet sein, wenn sie Bestand haben und für Unternehmen und Unternehmer nützlich sein soll.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Grundsätzlich ist der Schuldner berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen – sofern keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Nachteile sind dann gegeben, wenn davon ausgegangen werden muss, dass der Schuldner die Pflichten eines ordentlichen Geschäftsleiters nicht erfüllt. Etwa dann, wenn er diese auch in der Vergangenheit nicht ausreichend erfüllt hat. Anhaltspunkte dafür sind, dass er keine ordentliche Buchführung vorweisen konnte, Steuererklärungen oftmals zu spät abgegeben oder die Löhne und Gehälter und insbesondere die Sozialabgaben nicht pünktlich entrichtet hat. In der Praxis werden aber sehr oft auch weniger justiziable Gründe für einen möglichen Nachteilsbeleg von Gläubigerseite aufgeführt: eine verfehlte Planungsrechnung, eine nicht abgegebene persönliche Bürgschaft, eine harte Verhandlungsposition gegenüber Stakeholdern in der Vergangenheit und sehr oft auch eine nicht lange vorab in die Eigenverwaltungsplanung einbezogene Gläubigerschaft. All diese Punkte sind – zumindest bei isoliertem Auftreten – kein Beweis für einen Nachteil dieser Verfahrensart und trotzdem stellen sie nicht selten einen Versagungsgrund dar. Nur wenn es einen einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses für die Eigenverwaltung gibt, gilt die Anordnung der Eigenverwaltung als nicht nachteilig und ist vom Gericht anzuordnen. Bleibt die Einstimmigkeit aus, liegt es im Ermessen des Insolvenzgerichtes, ob es den vorgebrachten Argumenten gegen eine Eigenverwaltung folgt oder nicht. Daher ist eine gute Vorbereitung für eine Eigenverwaltung sowohl für das Unternehmen als auch für den Unternehmer essenziell.
Kontinuität ist entscheidend
Das wesentliche Argument für eine Eigenverwaltung ist die Kontinuität der Geschäftsführung und ihres Knowhows sowie der Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Diese Argumentation sollte im Insolvenzantrag entsprechend dargestellt werden. Darüber hinaus sollten die wichtigsten Vertragspartner – auch wenn rechtlich nicht unbedingt geboten – vorab einbezogen werden, sofern dies das Verfahren per se nicht gefährdet. Im Idealfall erzielt der Schuldner bereits vor dem Gang zum Insolvenzgericht in einer Vorabstimmung mit den potenziellen Gläubigerausschussmitgliedern (der Gläubigerausschuss ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestellt) einen einstimmigen Beschluss. Sofern das Gericht keine Bedenken gegen die Zusammensetzung der Mitglieder im Gläubigerausschuss hat, wird es sich an diesen Beschluss halten. Dem Gläubigerausschuss sollen Gläubiger mit Sicherungs- und Verwertungsrechten – sogenannte absonderungsberechtigte Gläubiger – sowie die Gläubiger mit den höchsten Forderungen, ein Kleingläubiger und ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören.
Nach herrschender Meinung sollten dem Geschäftsführungsorgan auch ein Ausschussmitglied mit ausreichend insolvenzrechtlicher Kenntnis angehören oder zur Seite gestellt werden. Aus diesem Grund treten insbesondere bei größeren Eigenverwaltungsverfahren Insolvenzverwalter vorab in die Geschäftsführung ein oder übernehmen eine Stellung als General- bzw. Handlungsbevollmächtigter.
Je früher, desto besser
Sehr förderlich für ein erfolgreiches Eigenverwaltungsverfahren ist Klarheit über die Ziele des Insolvenzverfahrens. Zudem empfiehlt es sich, die groben Inhalte eines Insolvenzplanes vorab zu kennen und diese im Rahmen des Insolvenzantrages zu kommunizieren. Bei größeren Unternehmen sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass der Insolvenzverwalter in der Eigenverwaltung genügend eigene Kapazitäten an Spezialisten in der Kanzlei bereithält. Dies bringt nicht nur finanzielle, sondern vor allem auch zeitliche Vorteile. Letzteres stellt einen ganz entscheidenden Faktor dar. Je früher das Unternehmen einen Insolvenzantrag stellt, desto höher sind die Erfolgschancen für eine Eigenverwaltung. Ein später Insolvenzantrag geht in der Regel mit zerrütteten Verhältnissen zwischen den Stakeholdern einher, sodass Widersprüche gegen eine Eigenverwaltung wahrscheinlich sind. Ein verspäteter bzw. unzureichend vorbereiteter Insolvenzantrag wird in aller Regel gegen die Pflichten des ordentlichen Geschäftsleiters verstoßen und daher auch ein rechtlich haltbarer Ablehnungsgrund sein. Dabei kann die Verspätung auch zeitlich schon vor den insolvenzrechtlichen Antragsgründen anknüpfen, weil sich insbesondere bei größeren Unternehmen ein solches Verfahren nicht in wenigen Tagen vorab seriös durchplanen lässt.
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