Aktuelle Hürden im Transaktionsprozess

Beitrag von: Kai Bartels
20. Juni 2022

Die geopolitische Lage wirkt sich auch auf den M&A-Markt aus. Unsichere wirtschaftliche Aussichten, eine reduzierte Planbarkeit wichtiger Kostenpositionen und verringerte Margen drücken auf die Stimmung.

Die Weltwirtschaft konnte sich im vergangenen Jahr von den Auswirkungen der Corona-Pandemie weiter erholen, und auch die globalen M&A-Aktivitäten verzeichneten ein neues Rekordhoch. Hinzu kam ein überraschend positives Umfeld für Börsengänge. All dies zeigt, dass M&A ein wesentlicher Bestandteil der Krisenreaktion und des anschließenden Aufschwungs sein kann. Auch die Aussichten für 2022 waren zu Jahresbeginn aus Sicht der Beobachter überwiegend positiv. Umso mehr stellt sich die Frage, wie der Russland- Ukraine-Konflikt das Transaktionsgeschehen in Zukunft prägen wird.

Fokus ändert sich

Abgesehen von den direkten wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Unternehmen in den Ländern der beiden Kriegsparteien wirkt sich der Russland-Ukraine-Konflikt auch auf die europäischen und internationalen Wirtschaftspartner aus. Die gegenüber Russland international verhängten Sanktionen haben u.a. zur Folge, dass unzählige Lieferketten unterbrochen wurden. Zudem kämpfen die Unternehmen mit steigenden Energiepreisen und konzentrieren sich folglich vor allem auf die eigenen betrieblichen Operationen und die Sicherung ihrer Liquidität. Zusätzlich stellen zahlreiche westliche Unternehmen, Kanzleien und Beratungen ihre Aktivitäten in Russland auf den Prüfstand, pausieren diese oder ziehen sich ganz zurück. All dies hat zur Folge, dass sich voraussichtlich eine Vielzahl von Transaktionen verzögern oder von vorneherein auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird.

Zwar bleibt es vorerst abzuwarten, wie das Transaktionsgeschehen in den nächsten Monaten auf die externen Einflüsse wie unterbrochene Lieferketten, Preissprünge auf den Rohstoffmärkten, erhöhter Inflationsdruck und zunehmende Volatilität auf den Finanzmärk­ten reagiert. Allerdings spricht vieles dafür, dass der Transaktionsprozess insgesamt – auch abhängig von der jeweiligen Branche – komplexer und zeitaufwendiger wird.

Prüfung dauert länger

So zeigen laufende Projekte, dass die Durchführung einer ausführlichen Due Diligence als wesentlicher Bestandteil des Transaktionsprozesses in einem derartigen Marktumfeld nochmals stark an Bedeutung gewinnt. Übergeordnetes Ziel dabei ist eine ausreichende Risikoeinschätzung. Der Fokus liegt hierbei auf sicheren Lieferketten, der Verfügbarkeit von Materialien bzw. Rohstoffen sowie den Absatzmärkten.

Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Baubranche: Bauunternehmen und -herren leiden zunehmend unter Problemen bei der Materialbeschaffung und anziehenden Preisen für Baumaterialen. Gezwungenermaßen verlangsamt sich die Bau-und Sanierungsdynamik. Trotz dieser strukturellen Herausforderungen können sich insbesondere Anbieter spezialisierter Leistungen im Angesicht zunehmender Komplexität vom Wettbewerb differenzieren und sind somit interessante Übernahmeziele. Gleichzeitig lässt sich jedoch feststellen, dass in solchen Fällen der Aufwand für die Due Diligence zunimmt.

Bewertung schwierig

Die zu erwartende dynamische Entwicklung bei einer Vielzahl von Unternehmen wird voraussichtlich zu veränderten Zukunftseinschätzungen führen, die in den Unternehmenspla­nungen noch nicht einkalkuliert sind. Daher sollten die momentanen Rahmenbedingungen sowie die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf die Ertragslage des zu bewertenden Unternehmens in der Planung berücksichtigt und angepasst werden. Allerdings sind vor dem Hintergrund der unvorhersehbaren Entwicklung des Konflikts und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Veränderungen die Auswirkungen auf die Erträge eines Unternehmens schwer zu prognostizieren. Aktuelle Projekte zeigen aber, dass selbst in besonders betroffenen Branchen ein vorhandener Kundenstamm und bereits beauftragte Langzeitprojekte für finanzielle Planbarkeit sorgen können. So ist etwa in der Baubranche eine sich abschwächende Nachfrage aktuell nicht zu erwarten. Die Bauaktivitäten dürften daher langfristig anhalten, trotz aller momentanen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Materialien.

Comeback der MAC-und Earn-out-Klauseln

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass gerade in Krisenzeiten und bei volatilen Marktgegebenheiten „Material Adverse Change“(MAC)- und Earn-out-Klauseln vermehrt ein beliebtes Instrument im Transaktionsprozess darstellen, um diesen trotzdem erfolgreich zum Abschluss zu bringen. So gewähren MAC-Klauseln dem Käufer im Falle einer wesentlich nachteiligen Veränderung das Recht, unter vertraglich vereinbarten Voraussetzung vom bereits unterzeichneten, aber noch nicht vollzogenen Kaufvertrag zurückzutreten oder Garantieansprüche geltend zu machen. Zusätzlich kann der Kaufpreis mit einem Earn-out abgesichert werden, indem ein gewichteter Teil des Kaufpreises vom zukünftigen Erreichen bestimmter Erfolgsparameter abhängt.

Letztlich müssen sich Käufer und Verkäufer den gegebenen Unsicherheiten stellen und gemeinsam Instrumente finden, die eine ausreichende Risikoeinschätzung und -verteilung ermöglichen.

Illustration: 123rf.com/apinan

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