„Buy-and-Build-Strategien trotzen Corona“

Beitrag von: Andreas Knoch
25. November 2020

Corona verändert auch den Markt für M&A-Transaktionen. Während sich für Unternehmen aus den Krisenverlierer-Branchen kaum noch Käufer finden lassen, bietet das Krisenumfeld für andere auch Chancen, berichtet Colmar Dick, Leiter der Akquisitionsfinanzierung der NordLB.

Herr Dick, wie hat sich der M&A-Markt bei mittelständischen Transaktionen unter dem Einfluss von Corona entwickelt?

Colmar Dick: Unter dem Einfluss von Corona im ersten Halbjahr 2020 hat zunächst einmal die Gesamtanzahl der Transaktionen abgenommen. Dies ist mit Sicherheit auf die entstandene enorme Unsicherheit bei der Prognosefähigkeit der Unternehmen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen. Deshalb verwundert es auch nicht, dass vor allem für Finanzinvestoren komplett neue Transaktionen abgebrochen bzw. verschoben wurden. Wenn man aber genauer hinschaut, dann erkennt man, dass Zukäufe im Rahmen von Buy-and-Build-Transaktionen Corona trotzen und weiterhin vielfach realisiert werden konnten.

Warum ist das so?

CD: Das Basisgeschäftsmodell des Unternehmens, das zukauft, ist bei allen beteiligten Stakeholdern bereits bekannt. Das heißt, dass das Management, die finanzierenden Banken und die Gesellschafter über einen gemeinsamen Erfahrungsschatz verfügen, Vertrauen aufgebaut haben und somit die aus einem Zukauf resultierenden Risiken weit besser eingeschätzt werden können. Das erklärt im Kern, warum neue Mittel zur Finanzierung von Zukäufen auch in der Krise in Form von Eigen- und Fremdkapital zur Verfügung gestellt wurden.

Wo liegen die Vorteile von Buy-and-Build-Strategien?

CD: Von dem Verkauf an ein anderes PE-geführtes Unternehmen im Rahmen von Buy-and-Build-Konzepten profitieren gerade kleinere Unternehmen. Es ermöglicht ihnen, Teil einer größeren Gruppe zu werden und damit den Zugang zu neuen Produkten und Märkten zu bekommen, eine stärkere Wahrnehmung durch Kunden zu erreichen, die Attraktivität für qualifizierte Mitarbeiter zu erhöhen und Skaleneffekte auf der Kostenseite zu erzielen. Das kann insbesondere in einer Krise enorm wichtig sein. Mit größeren Einheiten können nicht zuletzt auch neue regionale – nationale wie internationale – Kunden erschlossen werden. Auf diese Weise sind einige schon vom regionalen zum nationalen und sogar zum internationalen Player gewachsen.

Inwiefern ist „Buy and Build“ für die Verkäufer attraktiv?

CD: „Buy and Build“ ist eine sehr gute Möglichkeit für Unternehmer, die sich in Nachfolgesituationen befinden und einen Käufer suchen. Das Problem: Sehr oft wollen die Gründer verkaufen, finden aber niemanden, der ihre Sprache spricht – sie finden keinen passenden Hafen für ihr Unternehmen. Hier kommt „Buy and Build“ ins Spiel. Das kaufinteressierte Unternehmen ist ein Player im gleichen Markt. Das schafft Vertrauen. Zudem haben die Verkäufer die Möglichkeit, an einem größeren Neuen mitzuwirken, noch eine Weile ihre Expertise einzubringen und ihren Ruhestand durch den Verkaufserlös abzusichern.

Wie profitieren Finanzinvestoren davon?

CD: Buy-and-Build-Strategien ermöglichen es Finanzinvestoren, Multiple-Arbitrage zu betreiben. Das bedeutet, dass das realisierte Kaufpreis-Multiple beim Verkauf eines Portfoliounternehmens höher liegt als bei dessen Einkauf. Für gewöhnlich korrelieren die Transaktionspreise mit der Größe der Unternehmen.

Was erwarten Sie angesichts der zweiten Corona-Welle?

CD: Der M&A-Markt wird noch stärker, als wir das bisher schon sehen, zweigeteilt bleiben: Geschäftsmodelle, die durch Corona nicht negativ betroffen sind, werden weiter nachgefragt. Das Transaktionsgeschehen in Branchen wie Software, IT, Healthcare oder bestimmten Dienstleistungsbereichen wird hoch bleiben. Anhaltende Flaute herrscht dagegen in Sektoren, die stark unter der Pandemie leiden, wie bspw. der Tourismus oder die Gastronomie. Aber auch in den Bereichen Automotive sowie Maschinen- und Anlagenbau tun sich Käufer und Verkäufer sehr schwer.

Wie spiegelt sich das in den Preisen wider?

CD: In den Corona-Problembranchen lässt sich aktuell gar kein vernünftiger Preis finden. Solche Unternehmen sind momentan mitunter gar nicht verkäuflich. In den Corona-resilienten Branchen hingegen registrieren wir kaum Veränderungen und weiterhin teilweise sehr hohe Kaufpreise. Das hängt sicher auch mit relativ neuen Akteuren auf der Finanzierungsseite zusammen.

Wen meinen Sie damit?

CD: Am M&A-Markt sind viele neue Debt-Fonds unterwegs. Bei diesen Akteuren ist der Anlagedruck relativ hoch, weil das eingeworbene Geld in bestimmten Fristen investiert werden muss. Dass wir keine gravierenderen Abschläge bei den Preisen sehen, hat aber auch etwas mit dem nach wie vor freundlichen Finanzierungsumfeld zu tun. Leichte Anpassungen in den Kreditverträgen gibt es zwar – waren bspw. vor Corona ein Financial Covenant und ein Headroom um die 30 Prozent üblich, sind es jetzt zwei Financial Covenants und ein etwas engerer Headroom –, doch im Vergleich zur Finanzkrise 2008/09 sind das immer noch paradiesische Finanzierungsbedingungen.

Foto: NORD/LB

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