Kaufangebot erhalten – was tun?

Beitrag von: Arne Laarveld
22. Juli 2021

Finanzinvestoren und Strategen richten sich mit Kaufangeboten zunehmend direkt an Unternehmenseigentümer. Diese trifft eine solche Offerte oft völlig unvorbereitet. Diesen Überraschungseffekt versuchen Käufer, für sich zu nutzen.

 Sowohl Interessenten aus dem Private-Equity-Segment als auch Unterneh­men selbst sprechen inzwischen wie­der und in einem selten gesehenen Umfang direkt Unternehmenseigen­tümer an oder unterbreiten indikative Angebote für den Kauf von Firmen in Privatbesitz. Bedingt durch die anhal­tende Niedrigzinspolitik der Noten­banken, hohe Bewertungen, attrak­tive Wachstumsaussichten und eine hohe, für Investments bereitstehende Liquidität stehen Private-Equity-Ge­sellschaften unter erheblichem Inves­titionsdruck und haben ihre direkten Investitionsbemühungen daher signi­fikant verstärkt. Gleichermaßen stre­ben große Unternehmen nach Wachs­tum durch Übernahmen, um Zugang zu Technologien und Anwenderend­märkten zu erhalten oder ihre re­kordhohen Aktienkurse zu stützen. Beide Käufertypen versuchen, wett­bewerbsintensive und von Banken oder M&A-Beratern geführte, struk­turierte Transaktionsprozesse zu ver­meiden. Aus Käufersicht lassen sich damit die Transaktionsdauer und der Kaufpreis optimieren – zum Nachteil für den Verkäufer.

Verkaufspreis optimieren

Kürzlich kam ein Unternehmenseigen­tümer auf uns zu, der unaufgefordert ein Kaufangebot für seine Firma von einem größeren Industriepartner erhalten hat­te. Dieses Angebot betrug rund 28 Mio. EUR. Der Unternehmer suchte Rat, da er mangels genauer Wertvorstellung seines Unternehmens das Angebot nicht ein­schätzen konnte. Zugleich waren keiner­lei Vorbereitungen für einen möglichen Verkaufsprozess getroffen. Zwar bestand im Sinne einer langfristigen Nachfolge­regelung eine gewisse Neugierde bezüg­lich einer Veräußerung, jedoch stand das Thema eines Unternehmensverkaufs we­gen positiver Geschäftsaussichten (noch) nicht auf der Agenda.

Das Unternehmen verfügte über ein aktuelles EBITDA von etwa 4 Mio. EUR, attraktive Margen, einen guten Ruf und langjährige Beziehungen zu einem internationalen Kundenstamm. Wie bei vielen Mittelstandsunterneh­men gab es auch in diesem Fall eine auffällige Konzentration auf bestimm­te Abnehmerbranchen.

Der Unternehmer konnte schnell über­zeugt werden, dass sich durch eine gründliche Vor- und Aufbereitung von Informationen und Dokumenten sowie einen kompetitiven Verkaufspro­zess ein höherer Veräußerungspreis er­zielen ließe. Das besondere Augenmerk lag hierbei auf der Formulierung einer attraktiven „Equity Story“, die sich aus der Positionierung des Unternehmens, seinen Alleinstellungsmerkmalen und den Wachstumspotenzialen ableitete. Ebenso wichtig waren eine Durchsicht und Aufbereitung der Finanzhistorie sowie der kurz- bzw. mittelfristigen Unternehmensplanung, idealerweise bestehend aus einer integrierten GuV-, Bilanz- und Cashflow-Planung.

Nach der Aufbereitung der Verkaufs­unterlagen wurde ein mehrstufiger Verkaufsprozess initiiert und struktu­riert, in dem sowohl potenzielle stra­tegische Käufer als auch ausgewählte Finanzinvestoren wie Private-Equity-Gesellschaften und Family Offices an­gesprochen wurden. Relevante Unter­nehmensinformationen wurden den Interessenten zunächst mittels Tea­ser und Investment Memorandum und in einem späteren Schritt über einen elektronischen Datenraum zu­gänglich gemacht. Durch die stufenweise, dem Pro­zess- bzw. Verhandlungsstand an­gepasste Offenlegung wurde der Vertraulichkeit und Sensitivität be­stimmter Informationen stets Rech­nung getragen.

Das Unternehmen wurde letztlich für mehr als 36 Mio. EUR an den ur­sprünglichen Bieter verkauft. Dies entspricht einer signifikanten Ver­besserung gegenüber dem Anfangs­gebot – ohne dass eine wesentliche Änderung der operativen oder finan­ziellen Situation eingetreten wäre.

Nicht aus der Ruhe bringen lassen

Käufer versuchen, das Überraschungs­moment für sich zu nutzen, indem sie proaktiv Angebote unterbreiten. Solche Angebote liegen oft nicht nur unter dem erzielbaren Marktpreis, sondern sie ad­ressieren Unternehmen und Eigentümer unvorbereitet. Durch einen professio­nell strukturierten Veräußerungspro­zess lassen sich die Erfolgswahrschein­lichkeit einer Transaktion erhöhen und die Transaktionsbedingungen, inklusi­ve des finalen Kaufpreises, zugunsten des Verkäufers optimieren.

Nicht zu früh zu viel preisgeben

Manchmal werden wir als Berater erst in einen Verkaufsprozess hinzuge­zogen, wenn die Gespräche mit dem Interessenten bereits im Gange oder – bedauerlicherweise – festgefahren sind. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde oft bereits eine Vielzahl an Informa­tionen an den Interessenten gegeben, was die Verkäuferposition tendenziell schwächt. In einer solchen Situation ist es wichtig, die Kontrolle über die Transaktion zurückzuerhalten. Durch eine gute Vorbereitung auf die Prüfung (Due Diligence) und durch die Aufnah­me möglicher weiterer Interessenten in den Veräußerungsprozess lässt sich die Verhandlungsposition des Verkäufers verbessern. Der weitere Prozess kann den ursprünglichen Bieter einschließen oder auch nicht.

Durch dieses Vorgehen können sich die Geschäftsinhaber sicher sein, dass sie die Bewertung optimieren sowie die Vertragsmodalitäten des endgülti­gen Käufers besser kontrollieren kön­nen. Mit Blick auf eine sorgfältige Vor­bereitung und strukturierte Umsetzung eines Verkaufs ist es insofern hilfreich, möglichst frühzeitig spezialisierte Bera­ter einzubeziehen bzw. mit diesen zu­sammenzuarbeiten.

Illustration: 123rf.com/smile3377

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