Firmenverkäufe in unsicheren Zeiten

Beitrag von: Kai Hesselmann
29. Dezember 2022

Die allgemeine Eintrübung des Geschäftsklimas sollte Unternehmer aus kriselnden Branchen nicht davon abhalten, bei Bedarf den Verkaufsprozess einzuleiten. Für Käufer wiederum bietet die Krise durchaus Chancen.

Hohe Energiepreise, steigende Zinsen und eine sich abzeichnende Rezession: Wie schlecht die Stimmung angesichts des aktuellen Marktumfelds ist, verdeutlicht der ifo-Geschäftsklimaindex. Nachdem dieser Indikator für die bundesdeutsche Volkswirtschaft von 88,6 im August auf 84,3 Punkte im September gefallen ist, verharrte er auch im Oktober auf diesem Niveau (84,4 Punkte). Diese düstere Stimmung geht auch am M&A-Markt nicht spurlos vorüber. Welche konkreten Folgen diese Entwicklung für das Mid- und Small-Cap-Segment haben wird, lässt sich derzeit noch nicht genau absehen. Für verkaufswillige Unternehmer stellt sich daher die Frage: Ist es sinnvoll, in der aktuellen Phase das Unternehmen zu veräußern?

Einfluss von Makrotrends

Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht, gilt es doch stets, den Einzelfall genau unter die Lupe zu nehmen. Dabei unterscheiden sich die zu berücksichtigenden Aspekte von Branche zu Branche. Allgemein lässt sich aber feststellen, dass aus M&A-Sicht die Bereiche interessant sind, die großen Makrotrends unterliegen, wie dem Glasfaserausbau oder der Energiewende. Hier profitieren Unternehmen von einem attraktiven Verkaufsumfeld und einem anhaltenden Interesse seitens der Investoren. Bedingt durch den demografischen Wandel sind Unternehmen aus dem Bereich der Pflege und des Gesundheitswesens ebenfalls attraktive Targets. Gleiches gilt für Firmen aus dem Software- und Technologieumfeld. Deutlich schwieriger ist es dagegen, im produzierenden Gewerbe einen Deal unter Dach und Fach zu bringen – was an einer ganzen Reihe negativer Faktoren liegt. So bestehen in diesem Sektor häufig zahlreiche internationale Verflechtungen, weshalb die derzeit gestörten Lieferketten die Unternehmen stark in Mitleidenschaft ziehen. Hinzu kommen die hohen Energiepreise, die insbesondere energieintensive Industrien wie die Glasproduktion sowie die Chemie- oder Zellstoffindustrie sehr belasten. Zu beobachten ist zudem ein gewisser Schneeballeffekt, d.h., dass sich die negativen Treiber auch auf andere Industrien auswirken, wie bspw. die Getränkebranche, die Glasflaschen zu einem höheren Preis einkaufen muss.

Die Krise aussitzen oder jetzt handeln?

Ist es daher derzeit für Alteigentümer überhaupt sinnvoll, einen Verkaufsprozess für ein Unternehmen aus einer schwierigeren Branche einzuleiten? Dies hängt von einer Reihe von Faktoren ab: Jüngere Unternehmer (Mitte 40 bis 50 Jahre), die über eine ausreichend starke Eigenkapitalbasis verfügen, um gut durch die Krise zu kommen, können die aktuelle Situation getrost aussitzen. Für ältere Unternehmer sieht die Situation anders aus: Die Generation der geburtenstarken Babyboomer wird in den kommenden Jahren in Rente gehen. Folglich stehen Tausende Firmen in Deutschland vor einem Generationswechsel. Für diese Unternehmer ist der Verkauf eine Option. Auch Eigentümer, die kein ausreichendes finanzielles Polster haben, sollten schon jetzt einen strukturierten Verkaufsprozess erwägen, anstatt noch länger zu warten. Denn sowohl für ältere als auch für kapitalschwache Unternehmer könnte in einigen Monaten das Risiko steigen, in einen Notverkauf zu geraten oder auf die Insolvenz zuzusteuern.

Earn-out-Regelung und Rückbeteiligung als Absicherung

Unternehmer, deren Firmen von den derzeitigen Marktgegebenheiten stark betroffen sind, können sich bei einem Verkauf mit einer Earn-out-Regelung absichern und so einen geringen Kaufpreis kompensieren. Eine weitere Möglichkeit stellt die Rückbeteiligung dar, bei der das Unternehmen nicht vollständig, sondern bspw. nur zu 70 oder 80 Prozent verkauft wird. Damit profitiert der Alteigentümer über seine Minderheitsbeteiligung an der weiteren Entwicklung der Firma.

Chancen für Käufer

Wer aber derzeit auf der Käuferseite steht, dem bietet die aktuelle Krise etliche Chancen. Lange Zeit herrschte aufgrund der hohen Kaufpreise in vielen Branchen ein Verkäufermarkt. Inzwischen hat sich der Wind gedreht: Es entstehen Kaufgelegenheiten für Unternehmen mit einem guten finanziellen Polster, um einen Wettbewerber zu übernehmen oder sich strategisch durch M&A weiterzuentwickeln – und dies zu vernünftigen Preisen und Konditionen. Zweifelsohne stellen das aktuelle Marktumfeld und die veränderten Rahmenbedingungen so manchen Unternehmer vor neue, große Herausforderungen. Umso wichtiger ist es daher, dass Unternehmer, die einen Kauf oder Verkauf erwägen, den Prozess professionell begleiten lassen. Neben Experten wie Steuerberatern und Rechtsanwälten sollten Eigentümer daher auch frühzeitig einen M&A-Berater einbinden.

Illustration: 123rf.com/enotmaks

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