Minderheitsbeteiligung: Das Steuerrad in der Hand behalten

Beitrag von: Christian Futterlieb
17. Oktober 2019

Mit dem Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an einen Finanzinvestor können Unternehmer ihre Nachfolge regeln und gleichzeitig an Bord der Firma bleiben. Was Unternehmer und Unternehmervertraute dazu wissen sollten.

Eigentlich war das anders geplant mit der Nachfolge. Der Unternehmer wollte gleich nach unserem Einstieg in den Gesellschafterkreis seinen Rückzug in den Ruhestand vollziehen. Doch auch rund fünf Jahre später war er noch aktiv in der Geschäftsführung – auch nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr vollständig an einen Strategen verkauft wurde.

Das Beispiel Vohtec Qualitätssicherung ist kein Einzelfall. Am Anfang eines Teilverkaufs steht häufig die Absicht, die Nachfolge auf sichere Füße zu stellen. Auch der Wunsch, finanziell Sicherheit zu schaffen und einen Teil des Vermögens „hinter die Brandmauer“ zu bringen, damit Alter und Familie abgesichert sind. Es soll der Einstieg in den Ausstieg werden, und mit einem professionellen Partner sollen Controlling, Finanzierung, Führungspersonal und Strategie fit gemacht werden für die Zeit „danach“. Der Unternehmer will verzichtbar werden, ohne aber gleich die gesamte Kontrolle aus der Hand zu geben. Doch sobald Unternehmern die Last der Unentbehrlichkeit genommen ist, schiebt mancher von ihnen den vollständigen Ausstieg auf. Wenn der Ausstieg jederzeit möglich ist – was spricht dann dagegen, weiterzumachen, solange es noch Spaß macht?

Rückkauf als Alternative

Die Abgabe eines Firmenanteils ist ein großer Schritt für viele Familienunternehmer: Erstmals können wichtige Entscheidungen nicht mehr ganz allein getroffen werden. Sollte die neue Partnerschaft nicht funktionieren, bliebe die Möglichkeit, die Anteile wieder zurückzukaufen und eine andere Nachfolgeregelung zu treffen.

Die Rückkaufalternative ist auch für Eigentümer mit Expansionsplänen interessant. 2007 hatte Gesellschafter und Gründer Gerd Cloppenburg VR Equitypartner als Minderheitsgesellschafter hinzugeholt, weil er mit seinem Unternehmen MK Metallfolien nach China und in die USA expandieren wollte. Mit dem Teilverkauf an einen Finanzinvestor konnte er Eigenkapital und ein Expertennetzwerk mit internationalem Know-how gewinnen. Acht Jahre später, als die Expansion weitgehend abgeschlossen war, hat er gemeinsam mit anderen Mitgesellschaftern die Anteile vollständig zurückgekauft.

Eine weitere typische Konstellation für Minderheitsbeteiligungen sind Ausstiege von nur einigen Gesellschaftern, z.B. einem Familienstamm oder einem von mehreren Gründern.

Die Anforderungen der Finanzinvestoren

Längst nicht alle Finanzinvestoren gehen Minderheitsbeteiligungen ein, da sie das Risiko eingeschränkter Entscheidungsmacht scheuen. Um das Risiko zu minimieren, sind Beteiligungsgrößen von mindestens 25,1 Prozent oder besondere Vetorechte Beteiligungsvoraussetzung. Budgetpläne, signifikante Abweichungen davon oder auch strategische Entscheidungen – wie z.B. die Besetzung einer Führungsposition – sind darum nicht ohne Zustimmung des Minderheitsgesellschafters möglich. Wichtig ist, dass genau definiert ist, welche Themen zustimmungspflichtig sind. Die Abstimmung im Gesellschafterkreis ist nicht immer einfach, aber sie führt zu der besseren Entscheidung: Leichtfertige Entschlüsse sind nicht möglich, jede strategische Entscheidung muss nachvollziehbar begründet werden. In der Praxis wird dennoch meist zügig eine Einigung erzielt. Aus den operativen Themen des Tagesgeschäfts hält sich der Minderheitsinvestor typischerweise heraus.

Eine weitere Investorenanforderung ist die Verpflichtung bzw. das Recht zum „Mit-Verkauf“. Per Drag-along-Klausel wird vereinbart, dass der Mitgesellschafter seine Anteile mitanbieten muss, wenn der Investor seine Anteile veräußert. Bei der Tag-along-Klausel wird sichergestellt, dass der andere Anteilseigner bei einem Verkauf ebenfalls zu denselben Konditionen veräußern darf. So wird gewährleistet, dass potenzielle Käufer das Unternehmen vollständig oder zumindest mehrheitlich erwerben können – eine Voraussetzung für viele Kaufinteressenten. Meist sind darum die Preise bei Mehrheitsverkäufen höher. Mitunter räumt der Private-Equity-Geber aber eine mehrjährige „Karenzzeit“ ein, in der diese Klauseln ausgesetzt sind. Damit hat der Mehrheitsgesellschafter ausreichend Zeit, die nächste Ausbaustufe zu erreichen; z.B. die Weichen für die Nachfolge zu stellen oder eine Investition erfolgreich umzusetzen.

Die Rolle der Unternehmervertrauten

Bei der Anbahnung einer Minderheitsbeteiligung kommt den Unternehmervertrauten natürlich eine wichtige Rolle zu. Sie können eine Transaktion torpedieren, wenn sie das Gefühl haben, dass die Konditionen unvorteilhaft sind. Um dies zuverlässig – und damit auch im Sinne des Unternehmers – beurteilen zu können, sollten die Vertragsusancen von Finanzinvestoren bekannt sein. Beteiligungsverträge sind in der Tat erst einmal kompliziert. Doch meist stecken dahinter Standardformulierungen, die vielfach praxiserprobt sind. Erfahrene Unternehmervertraute und M&A-Berater kennen die Standards und können mit ihrem Rat verhindern, dass der Unternehmer übervorteilt wird – aber auch, dass ihm ein attraktives Verkaufsangebot entgeht.

Illustration:123rf.com/Alexander Lysenko

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