Unternehmensverkauf nicht ausgeschlossen

Beitrag von: Gustl F. Thum, Kai Bartels
30. Juni 2021

Der Mittelstand kämpft mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Gerade jüngere Unternehmenslenker müssen sich erstmals in einer Wirtschaftskrise beweisen. Das wird nicht ohne Folgen bleiben: Die Bereitschaft, sich vom Familienunternehmen zu trennen, dürfte zunehmen.

Jahr für Jahr erreichte der erfolgsver­wöhnte Markt für Unternehmenstrans­aktionen neue Höhen, bevor die Coro­na-Krise die M&A-Aktivität im zweiten Quartal 2020 deutlich eintrübte. Mit Beginn des dritten Quartals 2020 folg­te eine sukzessive Erholung. Diese dau­ert bis heute an. Die Aussichten für das Jahr 2021 werden derzeit überwiegend – natürlich auch abhängig von der je­weiligen Branche – als positiv bewer­tet. Erste Analysen z.B. der Kanzleien CMS oder Luther sprechen gar von ei­nem zu erwartenden Rekordjahr 2021 bei M&A-Transaktionen.

Erfolgsverwöhnt statt krisenerprobt

Viele Familienunternehmen in Deutsch­land wurden im zurückliegenden Jahr­zehnt bereits an die nächste Generati­on übergeben. Nach einer Dekade des kontinuierlichen wirtschaftlichen Auf­schwungs erlebt nun ein großer Teil der Nachfolger erstmals eine Krise. Diese neue Erfahrung kann dazu füh­ren, dass die junge Generation die eige­ne Rolle im Familienunternehmen noch­mals selbstkritisch überprüft. Der Anteil der Nachfolger, die im vergangenen Jahr­zehnt aus reinem Pflichtgefühl und ohne Leidenschaft den Familienbetrieb über­nommen haben, ist hoch. Dabei ist Lei­denschaft eine notwendige Vorrauset­zung für den unternehmerischen Erfolg.

Andere Werte, neue Ziele

Im Vergleich zur Vätergeneration stre­ben die Junioren heute oftmals weniger nach Prestige und Status. Für sie stehen vielmehr lebenslanges Lernen und eine selbstbestimmte Balance von Beruf und Freizeit mit einer sinnhaften Lebenser­füllung im Vordergrund. Die Bindung zum Familienunternehmen kann da­durch geringer werden, das Loslassen fällt leichter. Auch enttäuschte Erwar­tungen können dazu führen, eine alter­native Lösung für das Familienunter­nehmen in Betracht zu ziehen und sich künftig einer Tätigkeit zuzuwenden, die dem eigenen Anspruch an Lebenserfül­lung gerecht wird.

Nachfolge-Alternativen prüfen

Doch auch die heute noch aktive Ge­neration der Senioren unter den Fami­lienunternehmern kann die Corona-Krise zum Anlass nehmen, die Frage der familieninternen Weitergabe der Unternehmensführung neu zu über­denken und auch eine externe Lösung in Betracht zu ziehen. Dieser Umstand kann dadurch beschleunigt werden, dass die eigenen Kinder noch in der Ausbildung sind oder erst wenige Jah­re Berufserfahrung sammeln konnten. In diesem Fall kann der durch die Corona-Krise auf den noch aktiven Unternehmern lastende Handlungs­druck dazu führen, dass sie sich ei­ner solchen Stresssituation nicht noch einmal aussetzen möchten. Leider ist davon auszugehen, dass die pan­demiegetriebene Krise kein einmali­ges Phänomen bleiben wird. Insofern kann auch ein Unternehmensverkauf in das Blickfeld der gestandenen Fa­milienunternehmer rücken.

Früher galt ein Verkauf in der öffent­lichen Wahrnehmung meist als unter­nehmerisches Scheitern. Inzwischen ist die Veräußerung eines Traditions­unternehmens kein Tabubruch mehr. Familienunternehmen gehen den Nachfolgeprozess inzwischen mehr­heitlich sehr professionell an. Damit hat auch die Erkenntnis Einzug gehal­ten, dass die bestmögliche Nachfolge­regelung nicht immer eine familienin­terne sein muss.

Zahlreiche Beispiele belegen, dass al­ternative Nachfolgelösungen wie die Übertragung der Unternehmenslei­tung an ein familienfremdes Manage­ment oder die Beteiligung des Manage­ments über ein Management Buy-in oder ein Management Buy-out erfolg­reich sein können. Auch der Verkauf des Unternehmens, bspw. an ein Fami­ly Office, kann aus Unternehmenssicht sinnvoll sein, um in neue Märkte vor­zustoßen und eine neue Wachstums­stufe zu erreichen.

Aktuelle Zahlen einer PwC-Studie zei­gen, dass bereits 80 Prozent der deut­schen Familienunternehmen mit ge­mischten Teams aus Managern und familieneigenen Führungskräften ar­beiten – die Top-500-Familienunter­nehmen werden sogar mehrheitlich von einem Fremdmanagement geführt.

Dieser Trend wird auch durch den Rückgang der Nachfolgeabsicht in den Unternehmerfamilien gestützt. Laut einer Studie von Ernst & Young in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen ziehen nur noch 20 Prozent der befragten Junioren in Betracht, das Familienunternehmen operativ weiterzuführen; stattdessen planen sie, sich eher auf die Rolle des akti­ven Gesellschafters zu beschränken. Den Familienunternehmern bleibt folglich keine andere Wahl, als alle Al­ternativen der Nachfolge in Erwägung zu ziehen. Nur so lässt sich die beste Option für das Unternehmen finden. Das kann auch der Verkauf des Fami­lienunternehmens sein.

Foto:123rf.com/Kittitee Pongwong

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