Zahlreiche Untersuchungen legen nahe, dass Private-Equity-finanzierte Unternehmen schneller wachsen, innovativer sind und mehr Arbeitsplätze schaffen. Nun schürt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung alte Sorgen.
„Die Übernahme durch Finanzinvestoren bringt für Unternehmen oft große Belastungen und ein höheres Insolvenzrisiko“, so lautet das Fazit einer aktuellen Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die den Einfluss von Finanzinvestoren auf deren Beteiligungsunternehmen untersucht hat. Die Basis der Untersuchung bilden deutsche Unternehmen, die im Jahr 2013 von einer Private-Equity-Gesellschaft übernommen wurden. Demnach schneiden Unternehmen, an denen Private-Equity-Investoren beteiligt sind, nicht nur bei der Beschäftigungsentwicklung schlechter ab als die Vergleichsgruppe, sondern haben auch eine um 14 Prozentpunkte niedrigere Eigenkapitalquote und gehen häufiger in die Insolvenz.
Kapital für besondere Situationen
Die Ergebnisse dieser Studie stehen im Widerspruch zu zahlreichen vergleichbaren Erhebungen, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden. Anstatt nun auf methodische Schwächen der Studie zu verweisen und andere Untersuchungen zu benennen, die zeigen, wie Private Equity auch in Deutschland einen positiven Beitrag leistet, hilft bei der weiteren Debatte ein Blick auf Finanzierungssituationen, in denen Private Equity regelmäßig zum Einsatz kommt:
Junge Gründer und innovative Unternehmen erhalten mit Private Equity unbesicherte Finanzierungen für ihre Geschäftsideen. Etablierte Unternehmen können ihre Handlungsfähigkeit im Wettbewerb steigern, indem sie weiteres Kapital aufnehmen, selbst wenn Banken längst abwinken. Ferner können Unternehmer mit der Unterstützung von Finanzinvestoren ihre Nachfolge regeln und Gesellschafter, die ausscheiden wollen, auszahlen. Bereichen und Aktivitäten aus Konzernen, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören, kann durch einen Private-Equity-finanzierten Carve-out eine Zukunft auf eigenen Beinen ermöglicht werden. Sogar für harte Sanierungen lässt sich „frisches Kapital“ auftreiben, wenn alle anderen sich längst verabschiedet haben.
Gleichgerichtete Ziele
In jedem Fall haben die Investoren ein großes Interesse daran, dass die Unternehmen blühen und gedeihen. Denn schließlich sind sie zu Bewertungen eingestiegen, die über den Substanzwert weit hinaus gehen. Wie bei einer Aktie lohnt sich das Investment nur, wenn das Unternehmen langfristig mehr Wert geworden ist und ein ggf. nachfolgender Investor bereit ist, selbst in die weitere Zukunft des Unternehmens zu investieren.
Diese nachhaltige Wertsteigerung gelingt nur dann, wenn das Unternehmen tatsächlich im Markt und Wettbewerb gestärkt wird. Hierzu müssen oftmals viele Dinge gleichzeitig getan werden: die Entwicklung innovativer Produkte und Services, die Umstellung auf eine effizientere Produktion, die Erschließung neuer Absatzmärkte z.B. im Ausland, das Vorantreiben der Digitalisierung sowie die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter. Es ist hilfreich, für diese Aufgaben einen Sparringspartner an Bord zu haben, der neben Kapital auch Know-how mitbringt und neue Netzwerke erschließt.
Am Rande sei auf die gesellschaftliche Funktion von Private Equity verwiesen. Denn ein ganz wesentlicher und wachsender Teil der zu investierenden Mittel stammt aus sogenannten Kapitalsammelstellen wie Pensionskassen, Versicherungen etc. Damit erschließt Private Equity auch Kleinanlegern eine Möglichkeit, sich an Unternehmen zu beteiligen, die sich in privater Hand befinden, und auf diese Weise die Renten zu sichern und Vermögen zu bilden.
Fehler sind möglich
Trotz der genannten positiven Merkmale gibt es sicherlich auch Fälle, in denen nicht der gewünschte Effekt erzielt werden konnte. Zum einen sind auch Private-Equity-Investoren Menschen, denen Fehler unterlaufen können: Märkte und Technologien werden falsch eingeschätzt, der Wettbewerb unterschätzt und die eigenen Fähigkeiten überschätzt. Auch kann auf persönlicher Ebene nicht immer „jeder mit jedem“ und natürlich kann Vertrauen enttäuscht werden. Zu straffe Fondsstrukturen können die Handlungsflexibilität der Investmentmanager einschränken oder diese wegen limitierter Haltedauer zu einem verfrühten Exit drängen. Und sicherlich kommt es vor, dass die Neuausrichtung des Unternehmens auch mal mehr kostet oder länger dauert, als im Businessplan vorgesehen und den auf Dividende hoffenden Gesellschaftern versprochen wurde.
Mit Private Equity ist es letztlich wie in einer guten Ehe: Es geht darum, den richtigen Partner zu finden, die Kraft einer Partnerschaft zu erkennen, auf Basis gemeinsamer Wünsche und Vorstellungen füreinander Verantwortung zu übernehmen und schließlich – sich vertrauens- und respektvoll zugewandt – den besten Beitrag dafür zu leisten, in guten wie in schlechten Zeiten.
sven.oleownik@gimv.
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