Wie lässt sich aus zwei starken Marken eine Unternehmensgruppe formen? Das Beispiel des Fertighausbauers Oikos zeigt, wie Synergien genutzt werden und gleichzeitig die Eigenständigkeit der Traditionsunternehmen Bien-Zenker und Hanse Haus bewahrt wird.
Im Jahr 2018 beteiligten sich von Equistone beratene Fonds an zwei zu diesem Zeitpunkt bereits hervorragend am Markt positionierten Traditionsunternehmen: Bien-Zenker, 1902 gegründet, gehört mit seiner Tochtermarke Living Haus insbesondere in Deutschland zu den bekanntesten Fertighausanbietern und ist Vorreiter bei Energiesparhäusern. Hanse Haus hat sich seit der Gründung 1929 von einem Zimmermannsbetrieb zum Komplettanbieter für qualitativ hochwertige Wohnlösungen entwickelt und am Markt für schlüsselfertige Fertighäuser positioniert. Equistone erwarb die beiden Unternehmen von der Münchner Industrieholding und früheren Eigentümerin Adcuram. Mit dem Einstieg des neuen Investors und der damit einhergehenden Etablierung der Dachmarke Oikos Group sowie einer gemeinsamen Managementstruktur sollten beide Unternehmen näher zusammengeführt und zukunftsstarke Themen wie die Digitalisierung und Operational Excellence vorangetrieben werden.
Individualität bewahren
Allein in Deutschland liegt der Anteil von Fertighäusern am Gesamtmarkt für Ein- und Zweifamilienhäuser bei 20 Prozent. Das Marktwachstum betrug in den vergangenen fünf Jahren rund sechs Prozent p.a. – beste Voraussetzungen also für die Oikos Group. Doch wenn es darum geht, zwei bereits hervorragend positionierte Player zu einer europaweit erfolgreichen Marke zu formen, braucht es mehr als ein schnell wachsendes Marktumfeld. Obwohl die beiden Werke der Fertighausanbieter Bien-Zenker und Hanse Haus nur rund 30 Kilometer voneinander entfernt liegen, stieß die Idee, zukünftig mit einem der stärksten Mitbewerber an einem Strang zu ziehen, anfangs in beiden Unternehmen auf vorsichtige Zurückhaltung. Entscheidend für den Aufstieg von Oikos zum europaweiten Player waren daher die Realisierung der richtigen Synergien und viel Fingerspitzengefühl bei der Zusammenführung der beiden Traditionsunternehmen.
Ein zentrales Kriterium – sowohl für das neu zusammengeführte Management der Gruppe als auch für Equistone – war dabei, die Unternehmen nicht gänzlich zu integrieren. Die individuelle DNA und Kultur, die den bisherigen Erfolg von Bien-Zenker und Hanse Haus maßgeblich mitgeprägt hatten, sollten auch nach Einführung der Dachmarke sowohl nach innen wie auch nach außen bestehen bleiben. In enger Zusammenarbeit mit dem Management-Team galt es, jene gemeinsamen Treiber zu identifizieren, die das Wachstum der Gruppe noch einmal voranbringen würden.
Wie bei vielen mittelständisch geprägten Unternehmen kristallisierte sich neben einer kontinuierlichen Stärkung der Operational Excellence – in Form einer stärkeren Automatisierung und Standardisierung der Produktionsprozesse – insbesondere das Vorantreiben der digitalen Transformation als zentrale Aufgabe heraus: Dabei ging es vor allem um die Digitalisierung des Vertriebs und der Customer Journey: Vom Erstkontakt des Kunden mit dem Unternehmen bis hin zum Kaufvertragsabschluss für ein neues Eigenheim sollten digital und Software-gestützte Prozesse etabliert werden – und damit die bislang stark analog geprägten Bereiche zukunftsfähig gemacht und auf das sich verändernde Nutzungsverhalten der Kunden angepasst werden.
Erfolgskriterium Teamwork
Wie auch bei der Digitalisierung wurden das Management sowie die rund 1.300 Mitarbeiter der Gruppe eng in die Umsetzung der Wachstumsinitiativen eingebunden. Für die Entwicklung von Oikos war dies ein entscheidender Erfolgsfaktor. Durch die Nutzung von Synergieeffekten, die u.a. auf einer teilweisen Standardisierung der Produktionsprozesse, der Entwicklung und Nutzung einer einheitlichen, unterstützenden Softwarestruktur sowie der Gestaltung effizienterer Prozesse basieren, konnte auch das Auftragsvolumen der Gruppe signifikant gesteigert werden. Folglich mussten die Kapazitäten und das Schichtsystem ausgebaut werden – eine Entscheidung, die nur mit der Zustimmung des Betriebsrates und dem Einsatz der Mitarbeiter realisierbar war. Zusätzlich wurde mit dem Erwerb eines für den Ausbau der Produktionskapazitäten bedeutenden Grundstücks ein weiterer wichtiger Meilenstein für das Wachstum der Gruppe gelegt.
Ziel erreicht
Heute, rund drei Jahre nach dem Erwerb der Oikos Group, agiert das Unternehmen mit einer Gesamtleistung von rund 420 Mio. EUR sowie einem EBITDA-Wachstum von 50 Prozent in den Kernländern Deutschland, Schweiz, Österreich und Großbritannien an der Spitze der Fertighausanbieter in Europa. Im Frühjahr 2021 wurde die Gruppe nach dreijähriger erfolgreicher Partnerschaft in die Hände eines neuen, auf Buy-outs spezialisierten Eigentümers übergeben. Dem mit Equistone eingeschlagenen Wachstumspfad soll auch unter der Ägide des neuen Investors weiter gefolgt werden. Zudem soll die Internationalisierung der Gruppe über den starken DACH-Markt in weiteren Ländern vorangetrieben werden.
tanja.berg@equistone.de
DAVID ZAHND ist Director im Züricher Büro von Equistone Partners Europe.
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