Finanzielle Restrukturierungen in einem angespannten Bankenmarkt

Beitrag von: Johannes Schmittat
12. April 2021

Während die meisten Unternehmen im ersten Lockdown noch mit einem blauen Auge davongekommen sind, ist die Lage nun für viele ernst. Insbesondere Mittelständler mit „Schönwetterfinanzierungen“ könnten in Schwierigkeiten geraten. Unternehmen, die mit krisenerprobten Finanzierungsstrukturen vorgesorgt haben, sind dagegen besser dran.

Viele Mittelständler müssen sich auf­grund der Corona-Pandemie unge­wohnten Diskussionen mit ihren Ban­ken stellen. Reduzierte Umsätze führen zu Liquiditätslücken oder Verletzungen der Finanzkennzahlen. Lassen sich die Probleme allein oder überwiegend auf die Effekte und Auswirkungen von Co­vid-19 zurückführen, hat die überwie­gende Mehrheit der Finanzierungspart­ner Verständnis für die Situation. Sind Unternehmen nur durch die Pande­mie in Schieflage geraten, stehen u.a. KfW-Programme oder Bürgschaften von Ländern und Bund zur Verfügung. Sind diese im Einzelfall zu komplex, bieten sich häufig einfachere Lösungen ohne Einbeziehung der KfW- oder der Bürgschaftsprogramme im Rahmen der bestehenden Bankengruppen. Die Un­terstützungsbereitschaft der Banken ist in diesen Fällen hoch.

Für Unternehmen hingegen, die schon vor der Pandemie in Schwierigkeiten waren, wirkt Corona wie ein Brandbe­schleuniger und Management-Teams müssen sich auf schwierige Verhand­lungen mit ihren Banken einstellen. Einen „Corona-Bonus“ gibt es in die­sen Situationen nicht. Vielmehr fol­gen diese Restrukturierungsfälle dann den üblichen Spielregeln der Restruk­turierungsabteilungen. Verstärkungen im Management-Team bspw. durch ei­nen Chief Restructuring Officer sowie Gesellschafterbeiträge in Form von Liquidität oder Unterstützung durch eine Treuhandstruktur stehen auf der Tagesordnung der Banken.

Vorausschauende Finanzierungsstrukturen

Viele Mittelständler sind mit sehr an­fälligen Finanzierungsstrukturen in die Krise gegangen, da ein Jahrzehnt ohne branchenübergreifende Krise viele hat unvorsichtig werden lassen. Bei einigen von ihnen hätte eine vorrausschauende Finanzierungsstruktur die Restrukturie­rungsverhandlungen deutlich entschär­fen können.

So eignen sich bilaterale „bis auf weite­res“(b.a.w.)-Linien hervorragend, um Zinskosten zu optimieren und Banken gegeneinander auszuspielen. Gerade der Mittelstand hat umfangreich auf solche Strukturen gesetzt. In der Krise können Banken b.a.w.-Regelungen allerdings sehr einfach für einen Ausstieg und eine frühzeitige Kündigung nutzen. Nicht sel­ten geht es dann um Tage: Welche Bank schafft es noch, rechtzeitig zu kündigen, und wird ihr Risiko los und mit wem muss über eine finanzielle Restrukturie­rung verhandelt werden?

Syndizierte Kredite wiederum bieten in der Krise den Vorteil, dass Kündigungen nicht bilateral erfolgen können. Regelun­gen zu Mehrheitsentscheidungen schüt­zen den Kreditnehmer vor Alleingängen. Alle sitzen in einem Boot und stehen da­mit auch für Beiträge zur erfolgreichen Restrukturierung zur Verfügung.

Schuldscheine als „Schönwetterfinan­zierungen“ im Investmentgrade-Bereich (oder zumindest dem „gefühlten“ Invest­mentgrade) sind per Definition bilaterale Instrumente und damit ebenfalls schwie­rig zu restrukturieren. Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturie­rungsrahmen für Unternehmen (StaRUG), dass am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, wird zwar über die Einführung von Mehrheitsentscheidungen die Restruktu­rierung von bilateralen Strukturen verein­fachen. Noch besser ist es jedoch, direkt bei der Konzeptionierung von Finan­zierungsstrukturen mögliche Krisen zu antizipieren.

Liquidität ist vorhanden

Anders als in der Finanzkrise ist Liqui­dität aktuell nicht das Problem. Sie ist in Massen vorhanden – so gewisse Bedin­gungen erfüllt sind. Die EZB – und nun auch die KfW – pumpen Milliarden in die Märkte. Die Kapitalmärkte haben sich vom Corona-Schock inzwischen mehr als erholt und stehen als Finanzierungsquel­le weit offen. Selbst Banken sind vielfach bereit, auch in Krisensituationen direkt frisches Geld zu geben. Freie Sicherhei­ten oder ein Super-Senior-Status, also die vorrangige Besicherung vor bestehenden Finanzierungen, sind allerdings häufig notwendige Bedingungen.

Wenn Banken nicht zur Verfügung ste­hen, gibt es zahlreiche Debt- oder Hedge­fonds sowie die Non Performing Loan Trading Desks, die die Lücke füllen möchten. Natürlich gibt es Situationen, in denen sich auch diese Spieler nicht mehr engagieren möchten, aber auf dem Bereich dazwischen ruht die Hoffnung der alternativen Finanziers. Insbesonde­re nach Auslaufen der KfW-Programme erhofft man sich ein gutes Geschäft. Für die Unternehmen wird es dann allerdings teuer: Zweistellige Renditen sind für diese Geldgeber üblich.

Die zweite Runde

Es gibt eine Vielzahl von Unternehmen, die den ersten Lockdown gut überstan­den haben und im Sommer 2020 sogar eine deutliche Erholung des Geschäfts verzeichnen konnten. Sie stoßen im zwei­ten Lockdown jedoch nun an ihre Gren­zen. Kreditgeber schauen jetzt in der zweiten Welle deutlich genauer hin als im Frühjahr 2020: Ist das Geschäftsmo­dell noch intakt? Gibt es Problembereiche, die weniger mit Corona als vielmehr mit strukturellen Themen im Unternehmen in Verbindung zu bringen sind?

Daher dürfte die Anzahl von finanziellen und operativen Restrukturierungen stei­gen, bei denen die Verhandlungen mit den Kreditgebern zunehmend schwie­riger verlaufen. Als Alternative zu KfW-Programmen bietet es sich vermehrt an, Landesbürgschaften zu prüfen.

ILLUSTRATION 123rf.com/mrcocoa

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