StaRUG: Frühwarnsysteme sind jetzt Pflicht

Beitrag von: Robert Simon
23. August 2021

Viele Unternehmen reagieren erst auf drohende Unternehmenskrisen, wenn es schon zu spät ist. Der neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen soll hier Abhilfe schaffen. Besonders für KMU dürfte die Einrichtung eines Überwachungssystems zur Vorbeugung von Krisen eine Herausforderung werden.

Ende vergangenen Jahres wurde das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) in Windeseile verabschiedet. Das StaRUG unterstützt finanzwirtschaftliche Einigungen für drohend zahlungsunfähige Unterneh­men mit intakten Geschäftsmodellen. Die diesbezüglichen Regelungen werden derzeit ausführlich diskutiert.

Unabhängig von der Unternehmensgrö­ße sieht das StaRUG aber darüber hinaus zusätzliche Pflichten für Geschäftsführer, Berater und Prüfer vor, die bislang in der Medienberichterstattung und in Fachpub­likationen nur beiläufig erwähnt wurden, aber von großer Relevanz sind. Demnach sind nach § 1 StaRUG Geschäftsführer juristischer Personen verpflichtet, Früh­warnsysteme und ein Krisenmanagement einzurichten sowie zeitig die Gesellschaf­ter und Gremien zur „Befassung“ aufzu­fordern. Diese Regelungen ergänzen die Haftung der Geschäftsführer gemäß § 43 GmbHG. Weiter verpflichtet § 102 StaRUG die Wirtschaftsprüfer und Steu­erberater, die Unternehmensorgane ak­tiv auf drohende Insolvenzrisiken und ihre Pflichten hinzuweisen. Bei Verstö­ßen gegen diese Vorschriften drohen im Fall einer Insolvenz die Anfechtung durch kritische Insolvenzverwalter sowie die Organhaftung.

Vorteile von Frühwarnsystemen

Diese Regelungen wecken Zweifel an der Praxiskenntnis der Gesetzgebenden. So sind bspw. Planungen über 24 Mo­nate im kurzfristigen Projektgeschäft per se Makulatur. Durchaus positiv am StaRUG zu bewerten ist allerdings die Aufforderung, systematisch das eigene Geschäftsmodell und dessen Zukunfts­aussichten zu durchdenken.

In großen Unternehmen sind – aufgrund des Einwirkens von Banken und Versi­cherungen – anspruchsvolle „Frühwarn­systeme der 4. Generation“ üblich. Diese beinhalten die Analyse von Indikatoren und Szenario-Rechnungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen, die Resilienz des Unternehmens zu stärken. Externe Schocks können somit leichter verkraftet werden und das Unternehmen lernt, sich an die neuen Bedingungen an­zupassen. Die Grundlage dafür sind das vorausschauende Agieren mit­hilfe von Prognosen und Planungen, die Ableitung von strategischen Maß­nahmen aus den Erkenntnissen sowie notwendige materielle Reserven.

Bitte keine Vorwärtsbuchhaltung

Bei der Analyse möglicher Risiken hel­fen analytische Modelle, wie PESTEL-Analysen oder das FiRE-Modell. Mit der PESTEL-Analyse lässt sich an­hand von verschiedenen Faktoren wie Trends, technischem Fortschritt, der Gesetzgebung, der Wirtschafts- und Umweltentwicklung sowie der sich ab­zeichnenden sozialen Entwicklung das Umfeld eines Unternehmens analysie­ren. Aus den Einflussfaktoren werden Szenarien und Planungen abgeleitet.

Das FiRE-Modell hilft bei der Entwick­lung von Resilienz. Es berücksichtigt zum einen die Berührungspunkte der Organisation mit ihrem Umfeld und zum anderen die Merkmale der Wider­standsfähigkeit dieser Organisation, wie z.B. intuitives Führen oder die Art, wie Einsichten gewonnen werden.

Zwar sind solche komplexen Modelle für KMU ungeeignet, aber eine konkre­te Einnahmen- und Ausgabenvorschau für das laufende Jahr sowie vereinfacht für das Folgejahr ist sinnvoll und lässt sich leicht umsetzen. Das gilt auch für eine Risikobetrachtung mit den entspre­chenden Schadens- und Eintrittswahr­scheinlichkeiten. Das Resultat sollte mehr sein als eine reine „Vorwärtsbuch­haltung“, die das Gegebene fortschreibt. Vielmehr lassen sich aus den Erkennt­nissen Maßnahmen ableiten und um­setzen, die die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens sichern.

Risikofaktor Untätigkeit

Unternehmer können aber nicht jedes eventuelle Risiko vorhersehen und nicht jeder möglichen Chance nach­gehen. Vielmehr sollten sie eine Ver­dichtung der Signale abwarten sowie über die Befragung von Experten und die Arbeit in Verbänden usw. eigene Eindrücke verifizieren. Eine große Herausforderung für Unternehmen ist dabei regelmäßig das Filtern der Informationen. Erst mit genügend Ge­wissheit werden Aktionen ausgelöst und Investitionen vorgenommen. Da­bei sind Fehler nicht ausgeschlossen. Wer jedoch untätig bleibt, läuft Gefahr unterzugehen.

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