Trotz Krise stabil

Beitrag von: Prof. Dr. Robert Simon
26. November 2020

Nicht jede Krise ist vorhersehbar. Dennoch lässt sich Vorsorge betreiben, damit unerwartete Entwicklungen nicht gleich die Existenz gefährden. Lehren aus der Corona-Krise.

Resilienz einer Organisation ist „die Fähigkeit eines Unternehmens, auch in einem komplexen und dynamischen Umfeld den Wandel vorherzusehen, sich darauf vorzubereiten, zu reagieren und sich anzupassen“ – so lautet die Definition der British Standards Institution (BSI). Neben einer agilen Führung spielen das Verständnis für Kundenanforderungen, die Qualifizierung der Mitarbeiter sowie IT-Sicherheit eine wesentliche Rolle. Was in der BSI-Definition fehlt, ist die „Finanzkraft“, die existenzielle Basis für Unternehmen. Nachdem der Schock der ersten Corona-Welle abgeebbt ist, lohnt sich die Frage, wie es um die Resilienz der Unternehmen bestellt ist. Die meisten Manager haben auf die Corona-Krise zunächst abwartend reagiert, gefolgt von aktivem Krisenmanagement. Zunächst ging es darum, die Mitarbeiter zu schützen, die Funktionsfähigkeit des Unternehmens zu sichern und Verluste sowie Liquiditätsengpässe abzuwenden. Maßnahmen des klassischen Krisenmanagements waren angesagt: ein Krisenstab, kurze Entscheidungswege, professionelle Kommunikation, straffes Maßnahmenmanagement.

Bloß kein Aktionismus

Die Frühphase von Corona ließ für strategisches Agieren kaum Zeit. Dieses Fliegen auf Sicht haben die Finanziers nicht lange geduldet. Sie wollten auch in der Krise sicher sein, dass mit ihrem Geld planvoll umgegangen wird. Krisenmanagement darf nicht in Aktionismus münden. Mit der zweiten Welle und der Vorahnung, dass Pandemien, Disruptionen und Konjunkturzyklen uns weiter begleiten werden, steht der Aufbau einer neuen Ordnung an. Diese ist abhängig vom Grad der Betroffenheit: Es gibt Unternehmen, die von der Corona-Pandemie nicht betroffen sind, wie bspw. die Entsorger für Haushaltsabfälle, sofern deren Belegschaft gesund bleibt. Sie haben keinen akuten Handlungsbedarf. Aber Krisenanfälligkeit ist situativ. Bei einer Finanzkrise wären sie nicht resistent. Ebenfalls eindeutig ist die Lage von Unternehmen ohne zukunftsfähiges Geschäftsmodell. Corona wirkt bei diesen Unternehmen wie ein Brandbeschleuniger. Es ist nicht sinnvoll, Zombies zu erhalten – bei allem Verständnis für die betroffenen Menschen.

Die Mehrheit der Unternehmen haben die Umsatzeinbußen aus dem Corona-Lockdown unerwartet getroffen und es besteht Handlungsbedarf. Ihre Fähigkeit, Bedrohungen zukünftig vorauszusehen und zu bewältigen, also Resilienz zu entwickeln, entsteht aber nicht aus dem „Going Concern“ des Tagesgeschäfts und auch nicht aus der linearen Fortschreibung der Vergangenheit in die absehbare Zukunft, unterlegt mit ein paar Prämissen bzgl. der nahen Umsatz- und Kostenentwicklung.

Reserven einplanen

Gute Unternehmensführung beginnt mit einer Vision der Zukunft. Darauf setzt die Strategie zur Verwirklichung der Vision auf und mündet in eine finanzwirtschaftliche Planung nach den Anforderungen der Finanziers. Denn ohne deren Geld geht es nicht. Für die zielgerichtete Führung der Mitarbeiter bedarf es sodann eines strategiekonformen Managementsystems. Dies ist die Grundvoraussetzung, um strukturiert über die Chancen und Risiken von Trends, den Zustand des Portfolios und der Wertschöpfungsketten nachzudenken und auch das neue Thema Resilienz einzubeziehen. Resilienz fordert insbesondere Redundanzen und Reserven in der Finanz- und Leistungswirtschaft und steht damit in Konkurrenz zur Profitabilität. Diese Risikoabwägung ist eine unternehmerische Entscheidung – „es wird schon gut gehen“ sollte hier jedoch nicht die Maxime sein.

Vorboten einer Krise erkennen

Allerdings ist es kaum möglich, in der Informationsflut alle relevanten Störfaktoren zu erkennen. Die meisten Krisen kündigen sich über schwache Signale an. Die Kunst ist, diese Krisensignale wahrzunehmen und richtig zu deuten und darüber hinaus rechtzeitig vorzusorgen.

Trotz aller Vorsicht können auch gut geführte Unternehmen in Krisensituationen geraten, wie bspw. die Tourismusbranche. Solche Unternehmen haben aber gute Voraussetzungen geschaffen, um die Krise zu meistern. Auch das ist ein Merkmal von Resilienz, denn Krisenmanagement erfordert eine solide finanzwirtschaftliche Planung und Steuerung. Ohne die gibt es in der Liquiditätskrise keine Finanziers. Diese Herausforderung ist das typische Metier der Restrukturierungsberater, Chief Restructuring Officer und spezialisierter Finanziers. Sie erstellen IDW-S6-Gutachten, führen Finanzierungsverhandlungen und setzen bei einer Einigung das Konzept stringent um. Auch ein Insolvenzplanverfahren kann anstehen. Am Ende geht es darum, das Unternehmen zu retten und für zukünftige Herausforderungen zu wappnen – eben resilient zu machen.

Illustration: 123rf.com/novintito

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